
Beim 44. Konstanzer Symposium diskutierten gestern und heute (8. und 9. Mai 2025) hochrangige Expertinnen und Experten aus Justiz, Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien aus Bund und Land über die Frage „Muss die Juristenausbildung neu gedacht werden?“.
Das Konstanzer Symposium ist ein seit 1980 jährlich stattfindendes rechtspolitisches Symposium – ausgerichtet vom Ministerium der Justiz und für Migration. Von 1980 bis 2019 war Triberg im Schwarzwald der traditionelle Tagungsort. Nach zweijähriger pandemiebedingter Pause fand die Veranstaltung 2022 zum ersten Mal in Konstanz statt.
Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges begrüßte die Gäste und sagte in ihrer Eröffnungsrede: „Die Qualität der Juristenausbildung von heute bestimmt die Stärke des Rechtsstaats von Morgen. Auf Juristinnen und Juristen, die mit fundiertem Fachwissen entschieden für den Bestand des Rechtsstaats und der Demokratie eintreten, sind wir heute ganz besonders angewiesen.“
Einhelliger Wunsch der automatischen Verleihung eines Bachelorgrads
In zahlreichen Beiträgen beleuchteten Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Perspektiven die Frage, ob das derzeitige Ausbildungssystem den Anforderungen der Praxis wie auch den Bedürfnissen des juristischen Nachwuchses noch gerecht wird, und erörterten mögliche Reformansätze.
Laut einer unter 960 Studierenden aller baden-württembergischen Jurafakultäten durchgeführten Umfrage im Rahmen des Beteiligungsprojekts Zukunftsgerichtet wünscht sich ein Großteil der Studierenden eine Anerkennung von während dem Studium erbrachten Leistungen und fühlt sich durch das Examen sehr unter Druck gesetzt. Auch die Stofffülle und das Benotungssystem werden kritisiert. Fast die Hälfte aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer wünscht sich einen integrierten Bachelor, der von den Examenskandidatinnen und Examenskandidaten auf Grundlage des Hochschulrechts automatisch an allen Studienorten erworben wird. Auch Herr Professor Lobinger, der für die juristischen Fakultäten referierte, sprach sich für einen solchen Abschluss aus, um die Studierende mental zu entlasten.
Ministerin Gentges sagte weiter: „Die Diskussion in Konstanz hat gezeigt, dass sich alle Beteiligten, insbesondere die Arbeitgeber, die Anwaltschaft, die Studierenden sowie die Vertreter der juristischen Fakultäten, die einen solchen Abschluss bislang nicht verleihen, eine automatische Erteilung eines Bachelorgrads bei Nachweis bestimmter Studienleistungen wünschen. Ich werde daher die Wissenschaftsministerin bitten zu prüfen, inwieweit eine Regelung zur gesetzlichen Verleihung des integrierten Bachelorabschlusses im Landeshochschulgesetz verankert werden kann.“
Zahlreiche Beiträge aus unterschiedlichen Blickwinkeln
Zunächst referierten Dr. Thomas Petersen, Projektleiter des Instituts für Demoskopie Allensbach, Prof. Dr. Thomas Lobinger, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Handelsrecht an der Universität Heidelberg, Rechtsreferendarin am Landgericht Tübingen Dr. Jannika Seidl, Oberfinanzpräsident Dr. Bernd Kraft als Vertreter eines öffentlichen Arbeitgebers sowie Dr. Julia Schäffler und Stefanie Müller von der Kanzlei Menold Bezler aus Stuttgart aus ihrer jeweiligen Sicht.
Den zweiten Tag des Konstanzer Symposiums eröffnete Uli Burchardt, Oberbürgermeister der Stadt Konstanz mit einem Grußwort an die zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums.
Die internationale Perspektive brachte Leitender Staatsanwalt Mag. Oliver Kleiß, MAS ein, der als Abteilungsleiter im Österreichischen Bundesministerium für Justiz tätig ist. Prof. Dr. Friedemann Kainer, Abteilungssprecher Rechtswissenschaft und Dekan der Fakultät für Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim näherte sich der Juristenausbildung schließlich aus Sicht einer Reformuniversität.
Den krönenden Abschluss des Konstanzer Symposiums bildete eine von Marcel Schneider, Chef vom Dienst des Onlinemediums Legal Tribune Online, moderierte Podiumsdiskussion, an der neben Amtschef Elmar Steinbacher, Richterin des Bundesverfassungsgerichts Dr. Rhona Fetzer, Präsident des Landgerichts Heidelberg Dr. Jens Zeppernick sowie die Leiterin Rechtsstreitigkeiten und Produkt Feldthemen weltweit der Mercedes-Benz Group AG Corinna Class teilnahmen.
JM BW, 09.05.2025