Karlsruhe, 30. September 2025 (JPD) – Der Bundesgerichtshof hat den Beschluss der Hauptversammlung der Volkswagen AG über die Zustimmung zu Haftungsvergleichen im sogenannten „Dieselskandal“ für nichtig erklärt. Der unter anderem für Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat hob damit Entscheidungen auf, die im Zusammenhang mit Deckungsvergleichen mit D&O-Versicherern getroffen wurden. Die zuständigen Oberlandesgerichte müssen nun erneut über die Anfechtungen der Aktionäre entscheiden.

Im Juni 2021 hatte die Volkswagen AG Vergleichsvereinbarungen mit ihrem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und einem weiteren früheren Vorstandsmitglied sowie die entsprechenden Deckungsvergleiche mit D&O-Versicherern abgeschlossen. Ziel war die Abgeltung möglicher Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Einsatz unzulässiger Softwarefunktionen in Dieselmotoren. Die Vereinbarungen sahen Zahlungen der ehemaligen Vorstandsmitglieder in Höhe von 11,2 Mio. Euro bzw. 4,1 Mio. Euro und der Versicherer in Höhe von rund 270 Mio. Euro vor. Die Hauptversammlung stimmte den Vergleichen am 22. Juli 2021 mit über 99 Prozent der Stimmen zu. Kapitalanlegerschutzvereinigungen hatten gegen die Beschlüsse Widerspruch eingelegt.

Bundesgerichtshof erklärt Haftungsvergleiche für nichtig

Die Kläger hatten geltend gemacht, die Beschlüsse seien fehlerhaft und anfechtbar. Der Bundesgerichtshof folgte in wesentlichen Punkten dieser Auffassung. Insbesondere wurde festgestellt, dass die Tagesordnung der Hauptversammlung den Anforderungen des § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG nicht genügte, da nicht eindeutig auf den Verzicht gegenüber sämtlichen amtierenden und ausgeschiedenen Organmitgliedern hingewiesen wurde. Auch die Angaben im Bericht des Vorstands und des Aufsichtsrats reichten nicht aus, um die Aktionäre über die finanziellen Risiken der Vergleichsvereinbarungen angemessen zu informieren.

Darüber hinaus hielt der BGH die Vorprüfungen der Oberlandesgerichte für unzureichend. Die Richter betonten, dass Auskünfte zu den Vermögensverhältnissen der ehemaligen Vorstandsmitglieder für die informierte Zustimmung der Aktionäre wesentlich gewesen seien. Es sei nicht klar, ob die Schadenersatzansprüche durch das persönliche Vermögen der ehemaligen Vorstandsmitglieder ausreichend gedeckt gewesen wären, wodurch die Beschlüsse anfechtbar und für nichtig zu erklären seien.

Gegen das Urteil besteht für die Vorinstanzen die Möglichkeit einer erneuten Verhandlung, um die rechtlichen Anforderungen an die Hauptversammlungsbeschlüsse vollständig zu prüfen. Die Entscheidung verdeutlicht die besondere Sorgfaltspflicht von Aktiengesellschaften und die Rechte der Aktionäre im Rahmen der Zustimmung zu Haftungsvergleichen.

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