Im Jahr 2024 haben die Jugendämter rund 69 500 Minderjährige in Obhut genommen – 7 % weniger als im Vorjahr, vor allem wegen eines Rückgangs unbegleiteter Einreisen. Gleichzeitig nahmen die Schutzmaßnahmen wegen Kindeswohlgefährdung und Selbstmeldungen deutlich zu, und die durchschnittliche Dauer der Inobhutnahmen stieg auf gut zwei Monate.

    Die Jugendämter in Deutschland haben im Jahr 2024 rund 69 500 Kinder oder Jugendliche zu ihrem Schutz vorübergehend in Obhut genommen. Das waren gut 5 100 Jungen und Mädchen weniger als im Jahr zuvor (-7 %). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, ist damit die Zahl der Schutzmaßnahmen erstmals wieder zurückgegangen, nachdem sie zuvor drei Jahre in Folge angestiegen war.

    Zurückzuführen ist der Rückgang auf die Entwicklung der Inobhutnahmen nach unbegleiteten Einreisen aus dem Ausland: Deren Zahl ist 2024 im Vergleich zum Vorjahr um rund 8 500 Fälle gesunken (-22 %). Gleichzeitig stieg die Fallzahl aber durch dringende Kindeswohlgefährdungen um knapp 2 600 Fälle (+10 %) und durch Selbstmeldungen von betroffenen Jungen oder Mädchen um rund 850 Fälle an (+10 %).

    Trotz Rückgang: die meisten Inobhutnahmen wegen unbegleiteter Einreisen

    Trotz ihres Rückgangs wurden 2024 die meisten Schutzmaßnahmen (44 %) aufgrund von unbegleiteten Einreisen durchgeführt. Dazu zählten vorläufige Inobhutnahmen (24 %), die direkt nach der Einreise eingeleitet wurden, und reguläre Inobhutnahmen (20 %), die in der Regel – nach einer bundesweiten Verteilung der Betroffenen – daran anschließen. Weitere 42 % der Schutzmaßnahmen erfolgten wegen dringender Kindeswohlgefährdungen und 13 % aufgrund von Selbstmeldungen, also weil Kinder oder Jugendliche aus eigenem Antrieb Hilfe beim Jugendamt gesucht hatten.

    Größter Zuwachs bei körperlichen Misshandlungen und Vernachlässigungen

    Neben der unbegleiteten Einreise (44 %) zählten 2024 zu den häufigsten Anlässen für eine Schutzmaßnahme: Überforderungen der Eltern (25 %), Vernachlässigungen (12 %), körperliche Misshandlungen (11 %) und psychische Misshandlungen (8 %).

    Während im Vergleich zu 2023 vor allem unbegleitete Einreisen an Bedeutung verloren haben, sind die Nennungen bei 9 von insgesamt 13 möglichen Anlässen gestiegen: Am größten war das Plus bei körperlichen Misshandlungen (+1 026 Nennungen) und Vernachlässigungen (+939 Nennungen). Deutlich zugenommen haben auch Überforderungen der Eltern (+896 Nennungen) und psychische Misshandlungen (+843 Nennungen). Bei den Anlässen waren Mehrfachnennungen möglich.

    Fast zwei Wochen mehr als im Vorjahr: Maßnahme dauerte im Schnitt gut zwei Monate

    Während der Schutzmaßnahme wurden gut drei Viertel (77 %) der Betroffenen in einer Einrichtung und knapp ein Viertel bei einer geeigneten Person oder in einer betreuten Wohnform untergebracht. Dabei konnte zwar knapp jeder dritte Fall (30 %) in weniger als einer Woche beendet werden, jeder fünfte Fall (21 %) dauerte allerdings drei Monate oder länger. Im Schnitt endete eine Inobhutnahme nach 62 Tagen – also gut zwei Monaten.

    Vergleichsweise schnell beendet werden konnten zum Beispiel Schutzmaßnahmen aufgrund von Selbstmeldungen der betroffenen Jungen oder Mädchen: 2024 dauerten sie im Schnitt 36 Tage. Höher war der Klärungs- und Hilfebedarf offenbar bei dringenden Kindeswohlgefährdungen. In diesen Fällen endete die Inobhutnahme im Schnitt erst nach 57 Tagen. Am längsten dauerten die Maßnahmen nach unbegleiteten Einreisen aus dem Ausland: Mit durchschnittlich 74 Tagen waren sie gut doppelt so lang wie bei den Selbstmeldungen (36 Tage).

    Im Vergleich zum Vorjahr stieg die durchschnittliche Dauer der Schutzmaßnahmen um 12 Tage – also knapp 2 Wochen – an. Das Plus betrifft sowohl Selbstmeldungen (+4 Tage) als auch Fälle von dringender Kindeswohlgefährdung (+3 Tage). Am höchsten fiel der Zuwachs aber bei den Inobhutnahmen nach unbegleiteter Einreise aus: Mit 23 Tagen lag er fast zweimal über dem Durchschnitt (12 Tage).

    Rund ein Viertel der Betroffenen kehrt an bisherigen Aufenthaltsort zurück

    Im Anschluss an die Inobhutnahme kehrte etwa ein Viertel (24 %) der Minderjährigen an den vorherigen Aufenthaltsort zurück. Weitere 45 % der Kinder oder Jugendlichen wurden nach der Schutzmaßnahme an einem neuen Ort untergebracht, und zwar am häufigsten in einem Heim, einer betreuten Wohngruppe oder einer anderen Einrichtung.

    In jeweils etwa jedem zehnten Fall wurden die Betroffenen von einem anderen Jugendamt übernommen (9 %) oder beendeten die Inobhutnahme selbst (13 %), teils auch, indem sie aus der Maßnahme ausrissen. In weiteren 9 % der Fälle wurde die Inobhutnahme anderweitig beendet. Diese Angaben zum Maßnahmen-Ende beziehen sich nur auf reguläre Inobhutnahmen (ohne vorläufige Inobhutnahmen).

    DeStatis, 28.07.2025

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