Hessens Justizminister Roman Poseck informierte sich unter anderem während seines Besuchs bei der Staatsanwaltschaft Hanau über die täterorientierten Ermittlungen der vier Sonderdezernate für „Besonders auffällige Straftäterinnen und -täter unter 21 Jahren (BASU21)“ sowie für „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“. Außerdem hat der Minister aktuelle Themen mit der Leiterin der Staatsanwaltschaft Hanau Frau Leitende Oberstaatsanwältin Annette von Schmiedeberg besprochen und im Anschluss Gespräche mit den Gremien geführt.

Die Staatsanwaltschaft Hanau hat seit 2021 zwei Sonderdezernate für „Besonders auffällige Straftäterinnen und -täter unter 21 Jahren (BASU21)“ sowie für „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“ eingerichtet. Außerdem erfolgte die Einrichtung jeweils eines weiteren Sonderdezernats im staatsanwaltschaftlichen und im amtsanwaltlichen Bereich zur Bearbeitung der Strafsachen gegen erwachsene „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“. Mit der Einrichtung dieser Sonderdezernate wurden bei der Staatsanwaltschaft Hanau die Ermittlungsverfahren gebündelt und eine personenbezogene Sachbearbeitung ermöglicht. Der BASU21-Konzeption und dem MIT-Strafverfolgungskonzept liegt ein deliktsübergreifender täterorientierter Ermittlungsansatz zugrunde, wobei der BASU21-Konzeption der grundlegende Gedanke innewohnt, ein dauerhaftes Abgleiten in straffälliges Verhalten durch Netzwerkarbeiten zu verhindern.

Hessen Justizminister Roman Poseck resümierte bei seinem Besuch, dass sich das BASU21-Konzept bewährt hat. „Durch die enge Vernetzung, schnellem und konsequentem Handeln gelingt es, kriminelle Biografien von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden abzubrechen. Besonders effektiv ist dabei die Zusammenarbeit mit internen und externen Stellen wie dem Haus des Jugendrechts, der Schule und dem Jugendamt, sodass am Einzelfall ausgerichtete, täterorientierte Maßnahmen durchgeführt werden können.

Dass sich die Bündelung für „Besonders auffällige Straftäterinnen und -täter unter 21 Jahren (BASU21)“ sowie für „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“ in Sonderdezernaten bewährt hat, belegen auch die Zahlen der Ermittlungsverfahren. Im vergangenen Jahr wurden bei der Staatsanwaltschaft Hanau insgesamt 317 Ermittlungsverfahren erfasst, die in den Sonderdezernaten für „Besonders auffällige Straftäterinnen und Straftäter unter 21 Jahren“ sowie für „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“ eingetragen wurden. Mit 313 Ermittlungsverfahren überwiegt der Anteil von Verfahren gegen „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“. Die Verfahren werden weit überwiegend mit Anklagen oder Strafbefehlen abgeschlossen. Für im Jahr 2022 eingegangene Ermittlungsverfahren beträgt die Quote der Anklageerhebungen bzw. Strafbefehlsbeantragungen derzeit 75,78 Prozent, was für eine konsequente Strafverfolgung bei der Staatsanwaltschaft Hanau spricht. Die Abschlüsse der Verfahren gegen jugendliche oder heranwachsende „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“ unterscheiden sich kaum von denen gegen erwachsene „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“. Im Jugendbereich kommt es bei 78,57 Prozent zur Anklageerhebung und bei den Erwachsen in 75,83 Prozent der Sachverhalte, was in beiden Fällen über dem Durchschnitt liegt. Neben der hohen Anklagequote zeichnet sich die Staatsanwaltschaft Hanau auch durch zügige Verfahrensabschlüsse und durch zügige Vollstreckungen aus. So betrug die Bearbeitungsdauer der Ermittlungsverfahren bis zum Verfahrensabschluss bei der Staatsanwaltschaft Hanau gegen erwachsene „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“ im staatsanwaltlichen Bereich im Durchschnitt 2,5 Monate, im amtsanwaltlichen Bereich 0,8 Monate. Verfahren gegen jugendliche oder heranwachsende „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“ wurden durchschnittlich in 3,0 Monaten bearbeitet, wobei der zusätzliche Zeitaufwand hier mit der nach § 68 JGG regemäßig notwendigen Beiordnung von Pflichtverteidigern vor der ersten Vernehmung zu erklären ist. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Ermittlungsverfahren gegen BASU21-Probanden betrug 2,7 Monate.“

Haus des Jugendrechts
Für den Landgerichtsbezirk Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis steht die Einrichtung eines Haus des Jugendrechts zeitnah bevor. Die Einrichtung wird nach aktuellem Stand im Sommer dieses Jahres eröffnet werden. „Das Haus des Jugendrechts in Hanau soll einen besonderen Schwerpunkt auf die Präventionsarbeit von Rechtsextremismus legen. Der Rechtsextremismus ist eine große Bedrohung für Demokratie und Gesellschaft. Zur Bekämpfung setzen wir auf umfassende Ansätze. Durch das Haus des Jugendrechts wollen wir Jugendliche und junge Erwachsene aufklären und sensibilisieren sowie Verantwortliche und Entscheidungsträger durch geeignete Formate informieren, um extreme Tendenzen frühzeitig zu erkennen und eine Radikalisierung zu verhindern. Die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugend(gerichts-)hilfe hat sich in den vergangenen Jahren in den anderen Einrichtungen bewährt. So zeigt die Studie der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ) aus 2022 am Beispiel des Haus des Jugendrechts in Frankfurt-Höchst, dass sich die Rückfallquote von jugendlichen Straftätern nach dem die Eichrichtung durchlaufen wurde, deutlich reduziert hat. Daran wollen wir anknüpfen und auch in Hanau mit einem Haus des Jugendrechts, die schon jetzt gute, vernetzte Zusammenarbeit ausbauen und intensivieren“, so Justizminister Roman Poseck.
Stellenstärkung
„Auch die Staatsanwaltschaft Hanau wird von dem hessischen „Pakt des Rechtsstaates“ profitieren und zusätzliche Stelle erhalten. Insgesamt wird die hessische Justiz 2023/2023 mit 477 neuen Stellen verstärkt. So eine hohe Stellenmehrung ist einmalig in der Geschichte des Landes Hessens und belegt den Justizschwerpunkt der Hessischen Landesregierung. Konkret soll die Staatsanwaltschaft Hanau unter anderem mit zwei Stellen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte verstärkt werden“, erklärte der Hessische Minister der Justiz abschließend.

Zum Hintergrund der Sonderdezernate:
Die BASU21-Konzeption bezieht sich auf junge Täterinnen und Täter, bei denen mindestens fünf Straftaten, darunter ein Gewaltdelikt, im zurückliegenden Jahr registriert wurde. Auch Ersttäterinnen und Ersttäter, insbesondere Gewalttäterinnen und Gewalttäter, bei denen bei ungehindertem Verlauf ein dauerhaftes Abgleiten in die Kriminalität zu befürchten ist, werden von dem Konzept umfasst. Sollte eine dauerhafte Verfestigung des kriminellen Handelns der Probanden angenommen werden, wird eine Übernahme in das MIT-Strafverfolgungskonzept geprüft.“

Als „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“ werden Personen eingestuft, die wiederholt deliktsübergreifend im Bereich der Eigentumskriminalität oder mit Körperverletzungs- und Raubstraftaten in Erscheinung getreten sind (sogenanntes kriminelles Vorleben) und bei denen unter Berücksichtigung der Wirkungslosigkeit der bisherigen Straf- und Resozialisierungsmaßnahmen damit gerechnet werden muss, dass sie auch in Zukunft weiterhin Straftaten begehen werden (sogenannte Negativprognose). Bei der Einstufung in das MIT-Strafverfolgungskonzept werden u.a. Personen mit mehr als zehn Straftaten innerhalb der letzten zwei Jahren berücksichtigt. Außerdem sind zur Bewertung die aufgebrachte kriminelle Energie, die rasche Abfolge der Straftaten und ein etwaiger Mangel an Einsichtsfähigkeit und Resozialisierungsbereitschaft einzubeziehen.

Quelle: Hessisches Ministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 23. Februar 2023

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