
Berlin, 20. November 2025 (JPD) – Das Bundesverfassungsgericht hat eine polizeiliche Ergreifung zum Zwecke der Abschiebung in einer Gemeinschaftsunterkunft als unzulässige Durchsuchung ohne richterliche Anordnung eingestuft und der Verfassungsbeschwerde eines Betroffenen stattgegeben. Die Entscheidung stärkt den Schutz der Wohnung nach Art. 13 Grundgesetz und setzt klare Maßstäbe für Abschiebungsmaßnahmen in Unterkünften.
Durchsuchung ohne richterliche Anordnung – Karlsruhe stärkt Schutz der Wohnung
Nach den Feststellungen der 2. Kammer des Zweiten Senats wurde die verschlossene Zimmertür des Beschwerdeführers in einer Gemeinschaftsunterkunft gewaltsam geöffnet, nachdem er trotz Klopfens nicht reagiert hatte. Ziel war seine Ergreifung zur bevorstehenden Abschiebung. Die Beamten wussten jedoch vor dem Öffnen der Tür nicht, ob sich der Mann im Raum aufhielt. Für das Bundesverfassungsgericht war genau diese Ungewissheit entscheidend: Ein Betreten des Zimmers unter solchen Umständen sei als Durchsuchung zu bewerten und bedürfe zwingend einer richterlichen Anordnung.
Die Karlsruher Richter stellten klar, dass der Zweck der Maßnahme – das Auffinden einer Person – bereits vor ihrer Durchführung zu berücksichtigen ist. Behörden müssten deshalb im Vorfeld prüfen, ob eine Durchsuchung wahrscheinlich sei. Die bloße Tatsache, dass während des Einsatzes keine aufwendigen Suchhandlungen durchgeführt wurden, ändere daran nichts. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanzen, die auf den tatsächlichen Ablauf und sichtbare Suchhandlungen abstellten, verstoße gegen Art. 13 Abs. 2 GG.
Das Oberverwaltungsgericht hatte die polizeiliche Maßnahme zuvor als bloßes Betreten eingestuft und die Klage des Betroffenen abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte die Nichtzulassungsbeschwerde des Mannes bestätigt. Karlsruhe hob das Urteil des Oberverwaltungsgerichts jedoch auf und verwies den Fall zur erneuten Entscheidung zurück. Im Übrigen nahm das Gericht die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.
Die Entscheidung betont die präventive Funktion des Richtervorbehalts: Er soll verhindern, dass Eingriffe in die geschützte räumliche Sphäre ohne vorherige Kontrolle erfolgen. Gerade bei Abschiebungsmaßnahmen in Sammelunterkünften müsse der Staat diesen Schutz wahren, da die dortigen Zimmer ebenfalls als Wohnraum im Sinne des Grundgesetzes gelten.
Am Ende des Verfahrens bleibt festzuhalten, dass Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht dazu führen dürfen, die hohen Hürden für eine Durchsuchung ohne richterliche Anordnung zu unterlaufen. Karlsruhe hat damit die Anforderungen für Vollzugsbehörden neu geschärft.