
Berlin, 19. November 2025 (JPD) – Das Bundesverfassungsgericht hat die im Januar 2023 angeordnete Wohnungsdurchsuchung bei einem Redakteur von Radio Dreyeckland für verfassungswidrig erklärt und damit die Rundfunkfreiheit deutlich gestärkt. Die Maßnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft hätten ohne belastbaren Anfangsverdacht einen unzulässigen Eingriff in das Redaktionsgeheimnis dargestellt, entschieden die Karlsruher Richter am 3. November. Die Verfassungsbeschwerde des Journalisten Fabian Kienert, der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und seiner anwaltlichen Vertretung war damit erfolgreich.
Bundesverfassungsgericht stärkt Rundfunkfreiheit im Fall Radio Dreyeckland
Die Ermittlungsbehörden hatten sich auf einen Artikel von Radio Dreyeckland gestützt, der einen Link zur Archivseite der 2017 verbotenen Plattform linksunten.indymedia enthielt. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe sollte dies den Tatbestand der Unterstützung einer verbotenen Vereinigung erfüllen. Auf dieser Grundlage ordnete das Amtsgericht Karlsruhe die Durchsuchung der Privatwohnung des Redakteurs, der Wohnung des Geschäftsführers sowie der Redaktionsräume an. Das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte später den Beschluss.
Die Verfassungsrichter betonten nun, dass Durchsuchungen im journalistischen Umfeld nur unter engen Voraussetzungen zulässig seien. Der Verdacht sei hier nicht tragfähig gewesen, da unklar blieb, ob die 2017 verbotene Vereinigung zum Zeitpunkt des Artikels überhaupt noch existierte. Zudem seien die im Durchsuchungsbeschluss angeführten Hinweise zu vage gewesen, um den erheblichen Eingriff in die Rundfunkfreiheit zu rechtfertigen. Auf die Frage, ob das bloße Setzen eines Links eine strafbare Unterstützungshandlung darstellen kann, musste das Gericht angesichts der unzureichenden Verdachtslage nicht mehr eingehen.
In Reaktionen auf die Entscheidung zeigten sich sowohl der betroffene Redakteur als auch seine anwaltliche Vertretung erleichtert. Kienert erklärte, die Durchsuchung habe sowohl seine Privatsphäre als auch das Redaktionsgeheimnis verletzt. Seine Verteidigerin Angela Furmaniak begrüßte, dass das Gericht der Strafjustiz klare verfassungsrechtliche Grenzen aufgezeigt habe. Die Entscheidung korrigiere zudem wesentliche Fehler des Oberlandesgerichts Stuttgart im Umgang mit den Anforderungen der Strafprozessordnung.
Der Beschluss beendet eine mehrjährige juristische Auseinandersetzung. Bereits 2024 war Kienert vor dem Landgericht Karlsruhe vom Vorwurf der Unterstützung einer verbotenen Vereinigung freigesprochen worden. Weitere Ermittlungen gegen mutmaßliche Betreiber der Archivseite wurden im Mai 2025 eingestellt. Die GFF verfolgt parallel weitere Verfahren zur Stärkung der Presse- und Rundfunkfreiheit, darunter eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Strafurteil wegen Zitaten aus einem Durchsuchungsbeschluss.