
Die Bertelsmann Stiftung stellte vor Bayerns Justiz und Polizei eine Studie zum deutsch-israelischen Verhältnis vor, die eine wachsende Distanz in der gegenseitigen Wahrnehmung sowie einen Anstieg antisemitischer Einstellungen aufzeigt. Justiz und Sicherheitsbehörden sehen darin wichtige Hinweise zur Bewertung von Tatmotiven und zur Einordnung möglicher Störungen der öffentlichen Ordnung.
Das Verhältnis zwischen Deutschland und Israel bleibt von Ambivalenzen geprägt. Am 30. Juli 2025 stellte Stephan Vopel, Leiter des Berliner Büros der Bertelsmann Stiftung, im Rahmen einer Veranstaltung bei der Generalstaatsanwaltschaft München die im Mai veröffentlichte Studie „Zwischen Verbundenheit und Entfremdung“ vor. Der Einladung des Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Andreas Franck, waren zahlreiche Spitzenvertreterinnen und -vertreter der bayerischen Justiz und Sicherheitsbehörden gefolgt. Auch die Generalkonsulin des Staates Israel nahm an dem Austausch teil.
Die Studie, Teil einer langjährigen Analyse der deutsch-israelischen Beziehungen durch die Bertelsmann Stiftung, offenbart eine wachsende Distanz im Meinungsbild der Bevölkerungen beider Länder. Während 60 Prozent der Israelis Deutschland weiterhin positiv bewerten, ist die Zustimmung auf deutscher Seite deutlich geringer: Nur 36 Prozent der Deutschen äußern sich positiv über Israel. Verglichen mit der letzten Erhebung im Jahr 2021 ergibt sich ein Rückgang positiver Bewertungen auf beiden Seiten, wobei das deutsche Meinungsbild gegenüber Israel um zehn Prozentpunkte negativer ausfällt.
Zugleich wurde ein Anstieg antisemitischer Einstellungen festgestellt – sowohl im Hinblick auf klassischen Antisemitismus als auch auf spezifisch israelbezogene Formen. Diese Ergebnisse seien, so Generalstaatsanwalt Reinhard Röttle, nicht nur gesellschaftlich, sondern auch rechtspraktisch von Bedeutung. Es stelle sich die Frage, ob bestimmte Handlungen vor dem Hintergrund veränderter Wahrnehmungen geeignet seien, die öffentliche Ordnung erheblich zu stören – ein rechtlich relevanter Aspekt bei der strafrechtlichen Bewertung.
Oberstaatsanwalt Franck betonte den besonderen Erkenntniswert der Studie für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Sie könne ein wertvolles Instrument darstellen, um Tatmotive im Kontext antisemitischer Straftaten besser zu verstehen und einzuordnen. Die Veranstaltung war bereits die zweite ihrer Art und unterstreicht das Bemühen der Bayerischen Justiz, gesellschaftliche Entwicklungen im Kontext des Antisemitismus in die Ermittlungsarbeit einzubeziehen.