
Seit Jahresbeginn hat die Bundespolizei über 15.000 Zurückweisungen an deutschen Grenzen vorgenommen – allein 2.188 davon seit einer neuen ministeriellen Weisung vom 7. Mai. Bundesinnenminister Dobrindt beruft sich dabei auf nationale sowie europarechtliche Grundlagen und erlaubt Rückweisungen selbst bei geäußertem Asylbegehren, sofern keine besonderen Schutzgründe vorliegen. Kritiker sehen darin einen möglichen Bruch mit EU-Recht und fordern gerichtliche Klärung.
Die Bundespolizei hat im laufenden Jahr bereits über 15.000 Zurückweisungen an den deutschen Grenzen vorgenommen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (BT-Drucksache 21/625) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion hervor. Demnach registrierte die Polizeiliche Eingangsstatistik von Januar bis Ende April 12.481 Zurückweisungen, weitere 2.660 erfolgten im Mai. Insbesondere seit dem 7. Mai, als Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) eine neue Weisung zur Auslegung des § 18 Abs. 2 Asylgesetz erließ, intensivierte sich das Vorgehen: In diesem Zeitraum wurden 2.188 Personen an der Grenze zurückgewiesen, obwohl in 184 Fällen ein Asylbegehren geäußert wurde.
Die Bundesregierung stützt die Maßnahmen auf die vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen und verweist auf ein Zusammenspiel nationaler und europarechtlicher Grundlagen. Als Rechtsgrundlage nennt sie insbesondere § 18 Abs. 2 AsylG, bilaterale Rückübernahmevereinbarungen mit Nachbarstaaten sowie Art. 72 AEUV, der Eingriffe zum Schutz der öffentlichen Ordnung in einem Mitgliedstaat erlaubt. In jedem Einzelfall solle geprüft werden, ob eine Zurückweisung zulässig ist. Für vulnerable Personen wie etwa Kranke, Minderjährige oder Traumatisierte sei ausdrücklich vorgesehen, aus humanitären Gründen von Zurückweisungen abzusehen.
Kritiker werfen dem Bundesinnenminister indes vor, europarechtliche Grundsätze auszuhöhlen. Mehrere Verfahren vor Verwaltungsgerichten sind bereits anhängig. Dabei steht die Frage im Raum, ob Zurückweisungen trotz Asylbegehrens mit der Dublin-III-Verordnung vereinbar sind oder ob Deutschland systematisch gegen seine europarechtlichen Verpflichtungen verstößt. Die Bundesregierung betont hingegen, die Weisung sei sorgfältig mit Blick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip formuliert und diene dem Schutz der öffentlichen Ordnung sowie der Steuerung irregulärer Migration. Ein Kurswechsel ist derzeit nicht in Sicht.