München, 29. September 2025 (PM) – Wenn von Krediten statt von Schulden die Rede ist, erhöht das die Zustimmung der Bevölkerung zu neuen Staatsschulden um 11 Prozent. Ebenso erhöht sich die Bereitschaft der privaten Haushalte in Deutschland, sich zu verschulden, um 18 Prozent. Dies zeigt eine neue Studie des ifo Instituts, die den Einfluss von Sprache auf Einstellungen zu privater und öffentlicher Verschuldung und wirtschaftlichen Entscheidungen in verschiedenen Sprachräumen untersucht. „Das Wort ‚Schuld‘ hat in der deutschen Sprache sowohl eine finanzielle als auch eine moralische Bedeutung und wird daher negativer wahrgenommen als der neutrale Begriff ‚Kredit‘“, sagt ifo Forscher Mathias Dolls. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass unterschiedliche Verschuldungsniveaus zwischen Ländern teilweise durch sprachliche Besonderheiten geprägt sind.“ 
 
Ähnliche Tendenzen zeigen die Ergebnisse für die deutschsprachige Schweiz. Die Zustimmung zu neuer Staatsverschuldung steigt um 39 Prozent, wenn von Krediten die Rede ist, statt von Schulden. „In der Studie verzichten die Teilnehmenden außerdem freiwillig auf einen Geldgewinn, wenn dieser mit einer Aufnahme von Schulden verbunden ist. Wenn jedoch von einer Kreditaufnahme zu gleichen Bedingungen die Rede ist, waren die Teilnehmenden eher bereit, eine profitable Investition kreditfinanziert zu tätigen“, sagt Dolls. In Schweden und den Niederlanden zeigen sich ähnliche Ergebnisse wie für Deutschland. In beiden Landessprachen hat das Wort für „Schulden“ auch eine moralische Prägung (Schwedisch: „skulder“; Niederländisch: „schulden“). 
 
In den untersuchten englischsprachigen Ländern (Australien, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten) zeigt sich kein nennenswerter Effekt. „Im Englischen sind die Begriffe für ‚Schuld‘ klar getrennt in ‚guilt‘ und ‚debt‘. Während das eine moralische Prägung hat, ist das andere wertneutral und quasi ein Synonym für Kredit“, sagt ifo Forscher Andreas Peichl. 
 
Zudem zeigt die Studie, dass Politikerinnen und Politiker in Parlamentsdebatten die moralische Konnotation von „Schuld(en)“ oftmals bewusst zu nutzen scheinen, um sich gegen Staatsverschuldung auszusprechen. „Wenn Abgeordnete sich in Debatten gegen öffentliche Schulden aussprechen, nutzen sie häufiger Begriffe mit Schuld-Konnotation. Wenn für eine Ausweitung der öffentlichen Verschuldung argumentiert wird, werden dagegen eher neutrale Begriffe verwendet“, sagt Lisa Windsteiger, Assistenzprofessorin an der Universität Salzburg und Forschungsprofessorin am ifo Institut.  
 
Die Studie kombiniert drei Haushaltsumfragen in insgesamt sieben Ländern (Deutschland, Niederlande, Schweden, Schweiz, Australien, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten). Außerdem untersucht die Studie den Sprachgebrauch in deutschen Bundestagsdebatten im Zeitraum zwischen 1990 und 2025.  

ifo-Institut, 29.09.2025

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