
Berlin, 3. November 2025 (JPD) – Die geplante Anpassung des deutschen Asylrechts an das reformierte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) ist im Bundestags-Innenausschuss auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während einige Sachverständige die Entwürfe der Bundesregierung als notwendige Grundlage für die europarechtliche Umsetzung bezeichneten, äußerten andere erhebliche verfassungs- und praxisbezogene Bedenken. Die Expertenanhörung machte deutlich, dass sowohl Behörden als auch Gerichte vor erheblichen Herausforderungen stehen dürften, sollte die Reform in der vorliegenden Form umgesetzt werden.
Experten warnen vor Überlastung der Verwaltung durch GEAS-Anpassung
Im Mittelpunkt der Anhörung standen das GEAS-Anpassungsgesetz (BT-Drs. 21/1848) und das GEAS-Anpassungsfolgegesetz (BT-Drs. 21/1850). Sie sollen sicherstellen, dass deutsches Recht mit den neuen EU-Asylvorschriften im Einklang steht. Der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Augsburg, Professor Andreas Dietz, bezeichnete die Gesetzesvorlagen als „gute Grundlage“, mahnte jedoch Nachsteuerungen an. Die Überführung der umfangreichen EU-Normen ins deutsche Recht sei eine „Herkulesaufgabe“, die in der Praxis zu Verzögerungen führen könne.
Finn-Christopher Brüning vom Deutschen Städte- und Gemeindebund warnte vor einer massiven Mehrbelastung der kommunalen Ausländerbehörden. Die geplanten Verfahren seien zu bürokratisch und ließen zu viele Unklarheiten offen. Der Solidaritätsmechanismus innerhalb des neuen europäischen Systems könnte nach seiner Einschätzung zulasten Deutschlands wirken.
Menschenrechtliche Kritik an geplanten Grenzverfahren
Deutliche Kritik kam von Sophia Eckert (Handicap International) und Annika Fischer-Uebler (Deutsches Institut für Menschenrechte). Eckert bezeichnete die GEAS-Reform als den „tiefsten Einschnitt ins Asylrecht seit 1993“ und sprach von einem Rückschritt beim Flüchtlingsschutz. Insbesondere die Einführung von Grenzverfahren unter faktischen Haftbedingungen gefährde die Rechte besonders schutzbedürftiger Personen. Fischer-Uebler warnte vor einer „Erosion von Freiheitsrechten“ und sah das Risiko, dass Inhaftierungen künftig zur Regel würden.
Auch Professor Constantin Hruschka (Evangelische Hochschule Freiburg) kritisierte die Komplexität der Entwürfe. Die Umsetzung werde die Verwaltung „überfordern“ und könne in der Anfangsphase zu einem „vorprogrammierten Chaos“ führen.
Behörden sehen Reform als notwendig, aber herausfordernd
Hans-Eckhard Sommer, Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), betonte die organisatorischen und technischen Herausforderungen. Nahezu alle internen Abläufe und IT-Systeme müssten neu aufgesetzt werden. Er begrüßte jedoch, dass die Entwürfe auf eine „Eins-zu-eins-Umsetzung“ der EU-Vorgaben abzielten, um zusätzliche Bürokratie zu vermeiden.
Professor Daniel Thym (Universität Konstanz) hob hervor, dass die europäische Zusammenarbeit im Asylwesen im deutschen Interesse liege. Eine rein nationale Steuerung der Migration sei unrealistisch; das GEAS könne zur besseren Koordinierung innerhalb der EU beitragen.
Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bleibt umstritten
Trotz unterschiedlicher Bewertungen bestand unter den Experten Einigkeit darüber, dass die Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems für Verwaltung, Gerichte und Kommunen erhebliche Anpassungen erfordert. Mehrere Sachverständige warnten, dass der praktische Vollzug entscheidend sein werde, um die angestrebte Vereinheitlichung der Asylverfahren in der EU tatsächlich zu erreichen.