Bei anhaltenden Brust- und Halswirbelsäulenbeschwerden kann im Einzelfall ein
    Anspruch auf eine Brustverkleinerung bestehen. Dies entschied das Sozialgericht
    Karlsruhe im Fall einer 42-jährigen gesetzlich krankenversicherten Klägerin
    und gab deren Klage statt.
    Bei der 42-Jährigen Klägerin besteht bereits seit Abschluss des Brustwachstums eine
    Mammahyperplasie (vergrößerte Brust) beidseits. Sie leidet unter anderem an chronischen
    Schmerzen in der Hals- und Brustwirbelsäule. Die zunächst durchgeführte Krankengymnastik
    und insbesondere intensives spezielles Rückenkräftigungstraining sowie
    eine ambulante Schmerztherapie führten nicht zur Linderung der Beschwerdesymptomatik.
    Nachdem die behandelnden Ärzte, insbesondere die Gynäkologin und
    der Orthopäde, die Indikation für eine Brustverkleinerungs-Operation bejahten, beantragte
    die Klägerin diese bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse.
    Die Krankenkasse der Klägerin war jedoch nicht bereit die Kosten zu übernehmen. Als
    weitere Therapieoption stehe die Reduzierung des Körpergewichtes zur Diskussion.
    Es bestehe ein pathologischer Zusammenhang zwischen der bei der Klägerin festgestellten
    Adipositas und der Größe der Brust. Zudem sei zumindest zweifelhaft, ob eine
    Besserung der Beschwerden nach der Brustverkleinerung mit an Sicherheit grenzender
    Wahrscheinlichkeit eintrete, da die Größe der Brüste nur eine der Ursachen für die
    Schmerzsymptomatik darstelle. Bei dieser Sachlage sei eine Kostenübernahme der
    beantragten Brustverkleinerung nicht möglich.
    Mit seinem heute veröffentlichten Urteil vom 08.03.2022 (S 16 AS 2698/20) gab das
    Sozialgerichts Karlsruhe der Versicherten Recht. Zwar ergebe sich nicht allein im Hinblick
    auf die Größe der Brüste an sich eine behandlungsbedürftige Krankheit. Allerdings
    bestünden anhaltende Brust- und Halswirbelsäulenbeschwerden, wofür (auch)
    die Größe der Brüste ursächlich sei. Eine Heilung der Krankheiten durch die Brustverkleinerung
    sei zwar nicht möglich, aber deren Verschlimmerung könne hierdurch verhütet
    und Beschwerden gelindert werden. Alternative Therapieoptionen bestünden
    nicht. Mit der von der Beklagten empfohlenen Gewichtsabnahme könne die zu entfernende
    Brustgewebsmenge pro Seite nicht erreicht werden. Ambulante Möglichkeiten
    seien ausgeschöpft.


    Das Urteil ist nicht rechtskräftig; es kann von der Beklagten mit der Berufung zum Landessozialgericht
    Baden-Württemberg in Stuttgart angefochten werden.

    Quelle: Sozialgericht Karlsruhe, Pressemitteilung vom 4. April 2022

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