Das Hessische Landessozialgericht hat in zwei Berufungsverfahren entschieden, dass kein Anspruch auf Entschädigung wegen angeblicher Impfschäden nach Covid-19-Impfungen besteht. In beiden Fällen sah das Gericht den ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankung nicht als hinreichend wahrscheinlich an.

    Wer durch eine von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlene Schutzimpfung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgungsleistungen. Dabei müssen die Impfung, eine unübliche Impfreaktion und die Schädigungsfolge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Für den ursächlichen Zusammenhang hingegen gilt, dass mehr für als gegen diesen spricht. Die bloße Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs ist hingegen nicht ausreichend.

    In zwei Verfahren hat der 1. Senat des Hessischen Landessozialgerichts am 10. Juli 2025 jeweils entschieden, dass der kausale Zusammenhang zwischen der Covid-19-Schutzimpfung und den Erkrankungen der betroffenen Personen nicht hinreichend wahrscheinlich ist.

    Erkrankungen werden nach Covid-19-Schutzimpfung als Impfschäden geltend gemacht

    Über folgende Sachverhalte hatten die Richter des Hessischen Landessozialgerichts in zwei Berufungsverfahren zu entscheiden:

    Ein 76-jähriger Mann, bei dem bereits im Jahr 2010 ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 u.a. wegen Funktionsstörungen der Wirbelsäule und Beinlymphödem festgestellt wurde, erkrankte wiederholt an Covid-19, erstmals im November 2020. Im Mai und im August 2021 wurde der in Frankfurt am Main wohnende Mann jeweils mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty (Biontech/Pfizer) geimpft. Im April 2023 machte er beim Versorgungsamt einen Impfschaden geltend. Er leide u.a. an einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Das Versorgungsamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Gangstörung bereits vor der Impfung vorgelegen habe und nicht durch die Impfung verursacht worden sei. Das Sozialgericht wies die Klage zurück. Der Kläger legte hiergegen Berufung ein.

    Ein 51-jähriger Mann wurde im Juni 2021 mit dem Impfstoff Janssen (Johnson & Johnson) geimpft. Wenige Tage danach wurde der im Landkreis Waldeck-Frankenberg wohnende Mann stationär behandelt. Der Verdacht einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung) wurde bestätigt. Den Antrag auf Leistungen wegen eines Impfschadens lehnte das Versorgungsamt mit der Begründung ab, dass nicht mehr für als gegen einen kausalen Zusammenhang mit der Impfung spreche. Nach dem Bericht des Paul-Ehrlich-Instituts seien 33 Fälle einer Myokarditis bei Männern gemeldet worden. Unter Berücksichtigung der Hintergrundinzidenz einer Myokarditis von 38,59 Fällen pro 100.000 Personenjahren habe sich in der Altersgruppe des Betroffenen kein Risikosignal ergeben. Das Sozialgericht gab hingegen der Klage statt. Ein Impfschaden liege vor. Der sachverständige Kardiologe habe festgestellt, dass weder vor noch nach der Impfung ein Virusinfekt bei dem Kläger vorgelegen habe. Es sei daher hinreichend wahrscheinlich, dass die Myokarditis Folge der Impfung sei. Da der Kläger allerdings nur sehr geringfügig in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sei, sei der Grad der Schädigung (GdS) nur mit 20 zu bewerten. Eine Beschädigtenrente sei daher nicht zu gewähren. Hiergegen legte das Landesversorgungsamt Berufung ein.

    Landessozialgericht: Kausalität nicht hinreichend wahrscheinlich

    Die Richter des Landessozialgerichts haben nunmehr in beiden Verfahren einen Leistungsanspruch verneint. Es müsse hinreichend wahrscheinlich sein, dass die Impfung die gesundheitlichen Beeinträchtigungen verursacht habe. Diese Wahrscheinlichkeit liege in beiden Verfahren nicht vor.

    Bei dem 76-jährigen Mann fehle es bereits an einer unüblichen Impfreaktion. Jedenfalls aber sei die erforderliche Kausalität zwischen der Impfung und den gesundheitlichen Beschwerden nicht hinreichend wahrscheinlich. Der Mann habe selbst eine Gangstörung sowie eine Kraftstörung bereits nach seiner ersten Covid-19-Infektion angeführt. Dies habe er wiederholt seinen behandelnden Ärzten wie auch dem Versorgungsamt gegenüber angegeben (Az. L 1 VE 35/24).

    Im Fall des 51-jähriger Mannes sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass die Myokarditis durch die Impfung verursacht worden sei. Die Leiterin der Infektiologie des Universitätsklinikums Frankfurt am Main habe als Sachverständige im Berufungsverfahren das Risiko als besonders gering bezeichnet, im Anschluss an eine Impfung mit dem Präparat von Johnson & Johnson (Janssen) eine Myokarditis zu entwickeln. Erheblich höher sei dagegen das Risiko, basierend auf einer Covid-19-Infektion eine Myokarditis zu erleiden. Das Auftreten einer Myokarditis im Anschluss an eine asymptomatisch verlaufende Covid-19-Infektion sei wissenschaftlich gut dokumentiert. Zudem könnten Myokarditiden auch nach Ablauf einer akuten Infektion noch über Wochen und Monate fortdauern.

    Vor dem Hintergrund der durch die sachverständige Infektiologin aufgezeigten medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung sei das Landessozialgericht zu der Überzeugung gelangt, dass nicht mehr für als gegen die Impfung als Auslöser für die Myokarditis spreche. Das Gutachten des Kardiologen überzeuge demgegenüber nicht. Es fehle an wissenschaftlich fundierten Nachweisen. Auch habe er sich nicht damit auseinandergesetzt, dass Myokarditiden auch nach Ablauf einer (asymptomatischen) Infektion noch über Wochen und Monate fortbestehen könnten (Az. L 1 VE 24/24).

    Az. L 1 VE 24/24 und L 1 VE 35/24 – Die Revision wurde nicht zugelassen.

    LSG Hessen, 10.07.2025

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