Leipzig, 15. Oktober 2025 (JPD) – Die Beitragspflicht zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) nur dann verfassungswidrig, wenn das Gesamtprogramm der Rundfunkanstalten über einen längeren Zeitraum erheblich gegen die verfassungsrechtlich gebotene Vielfalt und Ausgewogenheit verstößt. Erst eine „gröbliche Verfehlung“ des Funktionsauftrags könne die Rechtfertigung des Rundfunkbeitrags entfallen lassen, entschied das Gericht am Mittwoch in Leipzig.

Rundfunkbeitrag nur bei gravierenden Programmdefiziten verfassungswidrig

In dem Verfahren hatte eine Klägerin gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags für mehrere Monate zwischen 2021 und 2022 geklagt. Sie argumentierte, der öffentlich-rechtliche Rundfunk erfülle seinen verfassungsrechtlichen Auftrag zur Vielfaltssicherung nicht und diene als Sprachrohr staatlicher Meinungsmacht. Daher fehle es an einem individuellen Vorteil, der die Beitragspflicht rechtfertige. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hatte die Klage abgewiesen und sich dabei auf die bloße Nutzungsmöglichkeit des Angebots als ausreichenden Vorteil berufen.

Das Bundesverwaltungsgericht hob diese Entscheidung nun auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. Der VGH habe die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 2018 verkannt, das den Rundfunkbeitrag ausdrücklich mit dem Funktionsauftrag der Vielfaltssicherung verknüpfe. Die Beitragspflicht sei nur solange gerechtfertigt, wie das Gesamtprogramm der Rundfunkanstalten diesem Auftrag im Wesentlichen entspreche.

Hohe Schwelle für verfassungsrechtliche Bedenken

Nach Auffassung des Gerichts ist die Schwelle für eine verfassungsrechtliche Verletzung hoch. Erst wenn über mindestens zwei Jahre hinweg erhebliche und regelmäßige Defizite in der programmlichen und meinungsmäßigen Vielfalt nachweisbar seien, könne die Erhebung des Rundfunkbeitrags verfassungsrechtlich bedenklich werden. Bloße Kritik an einzelnen Sendungen oder thematischen Schwerpunkten reiche nicht aus.

Die Richter betonten zugleich, dass die Rundfunkfreiheit gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes den Anstalten einen erheblichen Gestaltungsspielraum gewährt. Auch wenn ein subjektives Recht der Beitragszahler auf ein „vielfältiges Programm“ nicht bestehe, könne ein evidenter Verstoß gegen den Funktionsauftrag in Ausnahmefällen Anlass für eine verfassungsgerichtliche Prüfung sein.

Der Verwaltungsgerichtshof müsse nun prüfen, ob die Klägerin mit ihrem Vorbringen hinreichende Anhaltspunkte für solche Defizite liefert. Sollte sich dies im Beweisverfahren bestätigen, wäre eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erforderlich.

Aktenzeichen: BVerwG 6 C 5.24 – Urteil vom 15. Oktober 2025
Vorinstanzen: VG München, Urteil vom 21. September 2022 – M 6 K 22.3507; VGH München, Urteil vom 17. Juli 2023 – 7 BV 22.2642

Cookie Consent mit Real Cookie Banner