
Leipzig, 5. November 2025 (JPD) – Behördenmitarbeiter, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit in besonderem Maße Anfeindungen oder Angriffen ausgesetzt sind, können eine Auskunftssperre im Melderegister beantragen. Voraussetzung ist eine individuelle, auf konkrete Tatsachen gestützte Gefahrenprognose. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig entschieden und damit zwei Urteile des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster bestätigt.
BVerwG konkretisiert Voraussetzungen für Auskunftssperre im Melderegister
Im zugrunde liegenden Fall hatten zwei Beschäftigte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Melderegistersperre beantragt. Sie arbeiten in einer Abteilung, die Ermittlungen zu organisierter Kriminalität, Terrorismusfinanzierung und Reichsbürgerstrukturen führt. Unter Hinweis auf frühere Vorfälle argumentierten die Kläger, dass alle Beschäftigten dieser Abteilung ohne Ansehen der Person einem erhöhten Risiko für Leib und Leben ausgesetzt seien.
Die Stadt Bonn lehnte die Anträge ab, und auch das Verwaltungsgericht Köln wies die Klagen zunächst zurück. Erst vor dem OVG Münster hatten die Kläger Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht wies nun die Revision der Stadt Bonn zurück und bestätigte, dass eine Auskunftssperre nach § 51 Abs. 1 Bundesmeldegesetz (BMG) einzutragen ist.
Individuelle Gefahrenprognose unter Einbeziehung der Berufsgruppe
Nach Auffassung des BVerwG setzt eine Auskunftssperre eine konkrete Gefahrenprognose voraus, die auf objektiv feststellbaren Tatsachen beruht. Dabei müsse auch die Zugehörigkeit zu einem Berufs- oder Personenkreis berücksichtigt werden, der generell einem erhöhten Risiko von Angriffen oder Bedrohungen ausgesetzt sei. Entscheidend sei, dass hinreichend belastbare Anhaltspunkte vorlägen, aus denen sich eine konkrete Gefahr auch für den jeweiligen Antragsteller ableiten lasse.
Statistische Nachweise seien dafür nicht erforderlich, stellte das Gericht klar. Das OVG Münster habe zu Recht angenommen, dass Beschäftigte der betroffenen BaFin-Abteilung wegen der Art ihrer Tätigkeit einer besonderen Gefährdungslage unterliegen. Daher bestehe die Besorgnis, dass durch eine Melderegisterauskunft an Privatpersonen erhebliche Beeinträchtigungen von Leben und Gesundheit drohen könnten.
Bedeutung der Entscheidung für den Schutz gefährdeter Berufsgruppen
Mit seinem Urteil stellt das Bundesverwaltungsgericht klar, dass der Schutz gefährdeter Berufsgruppen im Melderecht nicht auf Einzelfälle beschränkt ist. Entscheidend bleibt jedoch die individuelle Gefahreneinschätzung im jeweiligen Kontext. Die Entscheidung dürfte für Angehörige von Behörden und Organisationen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben über den Einzelfall hinaus Bedeutung haben.
Aktenzeichen: BVerwG 6 C 1.24 und 6 C 2.24 – Urteile vom 5. November 2025
Vorinstanzen: VG Köln (25 K 47/19, 25 K 636/19) und OVG Münster (19 A 40/22, 19 A 41/22)