Verfahren vor dem OLG Frankfurt am Main

Die Bundesanwaltschaft hat am 11. Dezember 2023 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main Anklage gegen

neun mutmaßliche Mitglieder einer terroristischen Vereinigung, und zwar die deutschen Staatsangehörigen

Maximilian E.
Michael F.
Johanna F.-J.
Norbert G.
Hans-Joachim H.
Birgit M.-W.
Heinrich XIII P.R.
Rüdiger v. P. und
Peter W.,

sowie gegen eine mutmaßliche Unterstützerin dieser Vereinigung,

die russische Staatsangehörige Vitalia B.,

erhoben.

Die Angeschuldigten Maximilian E., Rüdiger v. P. und Peter W. sind hinreichend verdächtig, eine terroristische Vereinigung gegründet und sich anschließend an ihr als Mitglieder beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1StGB). Michael F., Johanna F.-J., Hans-Joachim H., Norbert G., Birgit M.-W. und Heinrich XIII P.R. wird Mitgliedschaft in der Vereinigung vorgeworfen. Heinrich XIII P.R. und Rüdiger v. P. sollen als Rädelsführer agiert haben. Alle vorgenannten Personen sind auch wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens (§ 83 Abs. 1 StGB) angeklagt. Gegen Vitalia B. besteht der hinreichende Verdacht, dass sie die terroristische Vereinigung unterstützt und Beihilfe zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens (§ 83 Abs. 1 StGB) geleistet hat (§ 129a Abs. 5 Satz 1, § 83 Abs. 1, § 27 StGB). Den Angeschuldigten Norbert G., Heinrich XIII P.R., Rüdiger v. P. und Peter W. werden überdies Verstöße gegen das Waffengesetz (§ 52 Abs. 1 und 3 WaffG) zur Last gelegt. Peter W. wird in diesem Zusammenhang auch Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat durch die Verschaffung und Aufbewahrung einer Schusswaffe vorgeworfen (§ 89a Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB).

In der Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

1. Die Angeschuldigten gehörten zu einer Ende Juli 2021 gegründeten terroristischen Vereinigung, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Die Angehörigen der Vereinigung verband eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Sie folgten einem Konglomerat aus Verschwörungsmythen, bestehend aus Narrativen der sog. Reichsbürger- und Selbstverwalterszene sowie der QAnon-Ideologie. So waren sie fest davon überzeugt, dass Deutschland derzeit von Angehörigen eines sog. „Deep State“ regiert werde. Befreiung verspreche die sog. „Allianz“, ein – tatsächlich nicht existierender – technisch überlegener Geheimbund von Regierungen, Nachrichtendiensten und Militärs verschiedener Staaten einschließlich der Russischen Föderation sowie der Vereinigten Staaten von Amerika.

Vor diesem Hintergrund plante die Vereinigung ab August 2021, mit einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Abgeordnete des Deutschen Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen. Hierfür trat die Vereinigung in konkrete Vorbereitungen ein, wie die Rekrutierung von militärischem Personal, die Beschaffung von Ausrüstung und die Durchführung eines Schießtrainings. Ab Mitte April 2022 führte die Vereinigung dieses Vorhaben nunmehr im engeren Kreis fort.

Zugleich setzte die Vereinigung verstärkt auf den Aufbau bundesweiter, flächendeckend operierender bewaffneter Kräfte. Hierzu propagierte sie eine Zusammenarbeit mit der „Allianz“. Jene sah vor, dass der Geheimbund ein Zeichen für den Eintritt des sog. „Tag X“ als Signal für das Eingreifen der Vereinigung geben werde. Der Eintritt dieses Ereignisses unterlag der Deutungshoheit der Vereinigung. Unter anderem wurde der Tod von Queen Elizabeth II als derartiges Signal diskutiert. Während die „Allianz“ dann einen ersten Angriff auf die obersten staatlichen Institutionen ausführen sollte, wollte die Vereinigung anschließend in Eigeninitiative die Beseitigung der verbliebenen Institutionen und Amtsträger auf Landes-, Kreis- und kommunaler Ebene übernehmen. Zu diesem Zweck hatten die Angehörigen der Vereinigung bereits mehrere sog. Feindeslisten erstellt. Zudem sah sich die Vereinigung in der Verantwortung, für eine politische Neugestaltung Deutschlands nach dem Umsturz zu sorgen. Ihren Mitgliedern war bewusst, dass die geplante Machtübernahme mit der Tötung von Menschen verbunden wäre. Unter den Vereinigungsmitgliedern galt als sicher, dass es zeitnah zu einem Einschreiten der „Allianz“ in Deutschland kommen würde.

Ab Sommer 2021 traf die Gruppierung für den Umsturz und die anschließende Absicherung der Macht zahlreiche konkrete Vorbereitungen. Als zentrales Gremium fungierte der „Rat“, der sich – ähnlich wie das Kabinett einer regulären Regierung – aus verschiedenen Ressorts, namentlich „Militär“, „Inneres“, „Gesundheit“, „Äußeres“ und „Justiz“, zusammensetzte. Der „Rat“ sollte nach dem Umsturz als Übergangsregierung fungieren und – dem klassischen Reichsbürgernarrativ entsprechend – die neue staatliche Ordnung in Deutschland mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs verhandeln. Zentraler Ansprechpartner dafür war aus Sicht der Vereinigung ausschließlich die Russische Föderation. Seit Februar 2022 trafen sich die Ratsmitglieder regelmäßig zu Sitzungen, um das weitere Vorgehen zu planen.

Angegliedert an den „Rat“ war der „militärische Arm“. Diesem Teil der Vereinigung oblag es, die geplante Machtübernahme mit Waffengewalt durchzusetzen. Bewerkstelligt werden sollte dies über ein bereits im Aufbau befindliches deutschlandweites System von insgesamt 286 militärisch organisierten Verbänden, den sog. „Heimatschutzkompanien“. Der „militärische Arm“ hatte einen Führungsstab, welcher sich unter anderem mit der Rekrutierung neuer Mitglieder, der Beschaffung von Waffen und anderen Ausrüstungsgegenständen, dem Aufbau einer abhörsicheren Kommunikations- und IT-Struktur sowie Plänen für die künftige Unterbringung und Verpflegung der sog. „Heimatschutzkompanien“ befasste. Auf Geheiß des „militärischen Arms“ wurden diverse Rekrutierungsveranstaltungen durchgeführt, bei denen es vor allem darum ging, aktive oder ehemalige Angehörige der Bundeswehr und Polizei für die Vereinigung anzuwerben.

Die Vereinigung verfügte über finanzielle Mittel in Höhe von etwa 500.000 Euro. Sie hatte Zugriff auf ein massives Waffenarsenal, bestehend aus insgesamt rund 380 Schusswaffen, beinahe 350 Hieb- und Stichwaffen und fast 500 weiteren Waffen- sowie mindestens 148.000 Munitionsteilen. Vereinigungsmitglieder schafften zudem eine Vielzahl sonstiger militärischer Ausrüstung an, darunter ballistische Helme, schusssichere Westen, Nachtsichtgeräte und Handfesseln.

Mit der Zeit schottete sich die Vereinigung nach außen zunehmend ab. Mitglieder und Interessenten hatten eine sog. Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen. Verstöße dagegen sollten als Hochverrat mit der Todesstrafe geahndet werden.

2. Oberst a. D. Maximilian E. gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung. Bei einer Zusammenkunft am 29. Juli 2021 verabredete er mit Rüdiger v. P., Peter W. sowie den vor dem Oberlandesgericht München angeschuldigten Ruth L, Thomas T. und Harald P., die staatliche Ordnung in Deutschland mit Waffengewalt zu beseitigen. Unter Beteiligung von Birgit M.-W., Harald P. und Peter W. kundschaftete er im August 2021 die Liegenschaften des Deutschen Bundestages in Berlin aus. Zudem kontaktierte Maximilian E. gezielt aktive Soldaten der Bundeswehr (darunter auch zwei Generäle), um sie – wenngleich erfolglos – für die Ziele der Vereinigung zu gewinnen. Überdies setzte er wiederholt Gelder der Vereinigung für die Anschaffung von Waffen und sonstiger Ausrüstung ein. Im Januar 2022 erstellte er den Entwurf für eine Absetzungserklärung der Bundesregierung.

Michael F. schloss sich im Oktober 2021 der Vereinigung als Mitglied an. Ihm wurde innerhalb des „militärischen Arms“ die Leitung eines Bereichs für „Sicherheit und Polizei“ übertragen. Im „Rat“ war er für das Ressort „Inneres“ zuständig. Er nahm an drei von sechs Sitzungen des „Rates“ teil. Auf einer Sitzung im Juli 2022 skizzierte er seine Vorstellung für den Umbau der deutschen Polizei nach dem Umsturz. Zudem beteiligte er sich aktiv an Rekrutierungsveranstaltungen für die Vereinigung, um insbesondere aktive oder ehemalige Polizisten und Bundeswehrangehörige für verschiedene „Heimatschutzkompanien“ in Baden-Württemberg und Niedersachsen zu werben. Gemeinsam mit Rüdiger v. P. und dem vor dem Oberlandesgericht Stuttgart angeschuldigten Andreas M. kundschaftete er mehrere Bundeswehrkasernen aus.

Johanna F.-J. gliederte sich spätestens im November 2021 in die Vereinigung als Mitglied ein. Sie wirkte an mehreren Treffen mit Führungsmitgliedern der Gruppierung mit und bewegte eine Person aus ihrem Familienkreis dazu, der Vereinigung einen Geldbetrag von 150.000 Euro zukommen zu lassen. Zudem traf sie sich im November und Dezember 2022 mit Vertretern des russischen Generalkonsulats in Frankfurt am Main und Baden-Baden, um für die Ziele der Vereinigung zu werben. Johanna F.-J. nahm an einer Sitzung des „Rates“ im August 2022 teil.

Norbert G. schloss sich der Vereinigung spätestens Mitte September 2022 als Mitglied an. Er unterstellte der Organisation eine von ihm in Thüringen unter dem Namen „Heimatunterstützung Heberndorf HH“ gegründete und bereits weitgehend einsatzbereite Gruppierung als Heimatschutzkompanie Nr. 148 „Jena, Saale Holzland Kreis, Saale-Orla-Kreis.“ Fortan fungierte er als deren Leiter. Bei seiner Festnahme verfügte über mehrere Waffen, für die er keine waffenrechtliche Erlaubnis hatte.

Hans-Joachim H. war seit Ende Oktober 2021 Mitglied der Vereinigung. Er ließ der Gruppierung aus eigenen Mitteln finanzielle Zuwendungen in Höhe von über 160.000 Euro zukommen. Daneben beteiligte er sich an mehreren konspirativen Treffen der Vereinigung, unter anderem Veranstaltungen zur Rekrutierung neuer Mitglieder sowie an einem Treffen von Geldgebern.

Die damalige Abgeordnete des Deutschen Bundestages Birgit M.-W. schloss sich der Vereinigung Anfang August 2021 als Mitglied an. Sie nutzte ihre Zugangsrechte zu den Liegenschaften des Parlaments in Berlin, um dort Maximilian E., Peter W. sowie den vor dem Oberlandesgericht München angeschuldigten Harald P. einzuschleusen und die Liegenschaften auszukundschaften. Auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag versorgte Birgit M.-W. die Vereinigung bis mindestens September 2022 mit Informationen aus dem Parlamentsbetrieb, insbesondere zu wesentlichen Terminen von Ausschüssen und des Plenums des Deutschen Bundestags. Sie gehörte dem „Rat“ der Vereinigung an und war dort für das Ressort „Justiz“ zuständig. Birgit M.-W. nahm an fünf von sechs Sitzungen des „Rates“ teil. Zudem bemühte sie sich aktiv, weitere Personen für die Vereinigung zu gewinnen und befasste sich im Auftrag von Heinrich XIII P.R. mit konzeptionellen Vorbereitungen für den Aufbau neuer staatlicher Justizstrukturen.

Heinrich XIII P.R. schloss sich Ende Oktober 2021 der Vereinigung als Mitglied an. Zusammen mit Rüdiger v. P. hatte er eine zentrale Rolle in der Gruppierung. Er führte den „Rat“ an und nahm in dieser Funktion wesentlichen Einfluss auf die Ausrichtung und das Vorgehen der Vereinigung. Alle der insgesamt sechs Sitzungen des „Rats“ fanden auf seinem Privatanwesen in Thüringen statt und standen unter seinem Vorsitz. In der Vorstellung der Vereinigung kam nach dem angestrebten Machtwechsel in Deutschland nur Heinrich XIII P.R. als provisorisches „Staatsoberhaupt“ in Betracht. Ihm allein sollte die Aushandlung eines Friedensvertrages mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs obliegen. Um die Russische Föderation zur Unterstützung der Vereinigung zu bewegen, versuchte Heinrich XIII P.R. im Februar 2022 gemeinsam mit Rüdiger v. P. in Bratislava (Slowakei), Repräsentanten Russlands zu treffen. Darüber hinaus wurde er im Juni 2022 im russischen Generalkonsulat in Leipzig vorstellig. Wie die Russische Föderation auf das Anliegen reagiert hat, ließ sich bislang nicht aufklären. Überdies stellte Heinrich XIII P.R. der Vereinigung aus eigenen Mitteln Geldbeträge von rund 50.000 Euro zu Verfügung und verwahrte verbotswidrig fast 1.000 Schuss Munition für den geplanten Umsturz. Zur Gewährleistung einer sicheren Kommunikation im Bereich des „Rates“ sowie mit den Führungsmitgliedern des „militärischen Arms“ beschaffte Heinrich XIII P.R. mehrere Satellitentelefone, die er durch den vor dem Oberlandesgericht München angeschuldigten Thomas T. verteilen ließ.

Der ehemalige Oberstleutnant und Kommandeur eines Fallschirmjägerbataillons der Bundeswehr Rüdiger v. P. gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung. Am 29. Juli 2021 verabredete er mit Maximilian E., Peter W. sowie den vor dem Oberlandesgericht München angeschuldigten Ruth L, Thomas T. und Harald P., die staatliche Ordnung in Deutschland mit Waffengewalt zu beseitigen. Zusammen mit Heinrich XIII P.R. führte er die Vereinigung an. Er stand an der Spitze ihres „militärischen Arms“ und leitete im „Rat“ das Ressort „Militär“. Er nahm an fünf von sechs Ratssitzungen teil, auf denen er jeweils über den aktuellen Stand der Aktivitäten des „militärischen Arms“ referierte. Der Führungsstab des „militärischen Arms“ arbeitete unter seinem Befehl. Er entwickelte die Idee für die sog. „Heimatschutzkompanien“ und leitete deren Aufstellung und Einrichtung. Auch der Aufbau der vereinigungsinternen IT-Struktur erfolgte nach seinen Vorgaben. Auf zahlreichen Rekrutierungsveranstaltungen in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen und Thüringen betrieb er aktiv Akquise um neue Mitglieder für die Vereinigung. Er befand sich verbotswidrig im Besitz einer Pistole vom Typ Makarov sowie diverser Munition.

Peter W. war angesichts seiner Teilnahme an der initialen Zusammenkunft mit Maximilian E., Rüdiger v. P. und anderen am 29. Juli 2021 ebenfalls Gründungsmitglied der Vereinigung. Im „militärischen Arm“ agierte er als persönlicher Adjutant von Rüdiger v. P. In Abstimmung mit diesem versuchte er – wenngleich erfolglos – aktive Soldaten der Bundeswehr (darunter auch zwei Generäle) für das Vorhaben der Vereinigung zu gewinnen. Unter Beteiligung von Maximilian E., Birgit M.-W. sowie des vor dem Oberlandesgerichts München angeschuldigten Harald P. kundschaftete er im August 2021 die Liegenschaften des Deutschen Bundestages in Berlin aus. Ab November 2021 begann er aktiv, ehemalige Soldaten für die Vereinigung zu rekrutieren, darunter den vor dem Oberlandesgericht München angeschuldigten Thomas M. Zudem organisierte Peter W. ein Schießtraining für mehrere Mitglieder der Vereinigung, aus dessen Kreis die Einsatzkräfte für den geplanten Angriff auf den Deutschen Bundestag ausgewählt werden sollten. Schließlich beschaffte Peter W. erhebliche Mengen an Ausrüstung und Uniformteilen. Er besaß eine Schusswaffe ohne waffenrechtliche Erlaubnis.

Vitalia B. unterstützte die Vereinigung bei dem geplanten Umsturz in Deutschland, indem sie Heinrich XIII P.R. den Kontakt zum russischen Generalkonsulat in Leipzig vermittelte und ihn im Juni 2022 dorthin begleitete. Darüber hinaus half sie Heinrich XIII P.R. bei der Prüfung der angeschafften Satellitentelefone.

3. Mit Ausnahme von Johanna F.-J. und Hans-Joachim H. waren alle oben genannten Angeschuldigten am 7. Dezember 2022 festgenommen worden. Die Festnahme von Johanna F.-J. und Hans-Joachim H. erfolgte am 22. Mai 2023. Alle Personen befinden sich weiter in Untersuchungshaft. Grundlage hierfür sind Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs (vgl. dazu auch Pressemitteilungen Nr. 66 vom 7. Dezember 2022, Nr. 68 vom 9. Dezember 2022, Nr. 8 vom 17. Februar 2023, Nr. 23 vom 22. Mai 2023 und Nr. 24 vom 23. Mai 2023).

Anklage zum Oberlandesgericht Stuttgart

Die Bundesanwaltschaft hat am 11. Dezember 2023 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart Anklage gegen die deutschen Staatsangehörigen

Markus H.
Matthias H.
Marco v. H.
Markus L.
Andreas M.
Alexander Q.
Ralf S.
Wolfram S.
Steffen W.

erhoben.

Die Angeschuldigten sind der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1StGB) sowie der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens (§ 83 Abs. 1 StGB) hinreichend verdächtig. Den Angeschuldigten Markus L. und Ralf S. werden überdies Verstöße gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz zur Last gelegt (§ 51 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 WaffG; § 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKontrG). Markus L. ist zusätzlich wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte angeklagt (§ 211 Abs. 2, § 223 Abs. 1 i.V.m. § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5, § 113 Abs. 1 und Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2, § 114 Abs. 1 StGB).

In der Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

1. Die Angeschuldigten gehörten zu einer Ende Juli 2021 gegründeten terroristischen Vereinigung, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Die Angehörigen der Vereinigung verband eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Sie folgten einem Konglomerat aus Verschwörungsmythen, bestehend aus Narrativen der sog. Reichsbürger- und Selbstverwalterszene sowie der QAnon-Ideologie. So waren sie fest davon überzeugt, dass Deutschland derzeit von Angehörigen eines sog. „Deep State“

regiert werde. Befreiung verspreche die sog. „Allianz“, ein – tatsächlich nicht existierender – technisch überlegener Geheimbund von Regierungen, Nachrichtendiensten und Militärs verschiedener Staaten einschließlich der Russischen Föderation sowie der Vereinigten Staaten von Amerika.

Vor diesem Hintergrund plante die Vereinigung ab August 2021, mit einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Abgeordnete des Deutschen Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen. Hierfür trat die Vereinigung in konkrete Vorbereitungen ein, wie die Rekrutierung von militärischem Personal, die Beschaffung von Ausrüstung und die Durchführung eines Schießtrainings. Ab Mitte April 2022 führte die Vereinigung dieses Vorhaben nunmehr im engeren Kreis fort.

Zugleich setzte die Vereinigung verstärkt auf den Aufbau bundesweiter, flächendeckend operierender bewaffneter Kräfte. Hierzu propagierte sie eine Zusammenarbeit mit der „Allianz“. Jene sah vor, dass der Geheimbund ein Zeichen für den Eintritt des sog. „Tag X“ als Signal für das Eingreifen der Vereinigung geben werde. Der Eintritt dieses Ereignisses unterlag der Deutungshoheit der Vereinigung. Unter anderem wurde der Tod von Queen Elizabeth II als derartiges Signal diskutiert. Während die „Allianz“ dann einen ersten Angriff auf die obersten staatlichen Institutionen ausführen sollte, wollte die Vereinigung anschließend in Eigeninitiative die Beseitigung der verbliebenen Institutionen und Amtsträger auf Landes-, Kreis- und kommunaler Ebene übernehmen. Zu diesem Zweck hatten die Angehörigen der Vereinigung bereits mehrere sog. Feindeslisten erstellt. Zudem sah sich die Vereinigung in der Verantwortung, für eine politische Neugestaltung Deutschlands nach dem Umsturz zu sorgen. Ihren Mitgliedern war bewusst, dass die geplante Machtübernahme mit der Tötung von Menschen verbunden wäre. Unter den Vereinigungsmitgliedern galt als sicher, dass es zeitnah zu einem Einschreiten der „Allianz“ in Deutschland kommen würde.

Ab Sommer 2021 traf die Gruppierung für den Umsturz und die anschließende Absicherung der Macht zahlreiche konkrete Vorbereitungen. Als zentrales Gremium fungierte der „Rat“, der sich – ähnlich wie das Kabinett einer regulären Regierung – aus verschiedenen Ressorts, namentlich „Militär“, „Inneres“, „Gesundheit“, „Äußeres“ und „Justiz“, zusammensetzte. Der „Rat“ sollte nach dem Umsturz als Übergangsregierung fungieren und – dem klassischen Reichsbürgernarrativ entsprechend – die neue staatliche Ordnung in Deutschland mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs verhandeln. Zentraler Ansprechpartner dafür war aus Sicht der Vereinigung ausschließlich die Russische Föderation. Seit Februar 2022 trafen sich die Ratsmitglieder regelmäßig zu Sitzungen, um das weitere Vorgehen zu planen.

Angegliedert an den „Rat“ war der „militärische Arm“. Diesem Teil der Vereinigung oblag es, die geplante Machtübernahme mit Waffengewalt durchzusetzen. Bewerkstelligt werden sollte dies über ein bereits im Aufbau befindliches deutschlandweites System von insgesamt 286 militärisch organisierten Verbänden, den sog. „Heimatschutzkompanien“. Der „militärische Arm“ hatte einen Führungsstab, welcher sich unter anderem mit der Rekrutierung neuer Mitglieder, der Beschaffung von Waffen und anderen Ausrüstungsgegenständen, dem Aufbau einer abhörsicheren Kommunikations- und IT-Struktur sowie Plänen für die künftige Unterbringung und Verpflegung der sog.

„Heimatschutzkompanien“ befasste. Auf Geheiß des „militärischen Arms“ wurden diverse Rekrutierungsveranstaltungen durchgeführt, bei denen es vor allem darum ging, aktive oder ehemalige Angehörige der Bundeswehr und Polizei für die Vereinigung anzuwerben.

Die Vereinigung verfügte über finanzielle Mittel in Höhe von etwa 500.000 Euro.

Sie hatte Zugriff auf ein massives Waffenarsenal, bestehend aus insgesamt rund

380 Schusswaffen, beinahe 350 Hieb- und Stichwaffen und fast 500 weiteren

Waffen- sowie mindestens 148.000 Munitionsteilen. Vereinigungsmitglieder schafften zudem eine Vielzahl sonstiger militärischer Ausrüstung an, darunter ballistische Helme, schusssichere Westen, Nachtsichtgeräte und Handfesseln.

Mit der Zeit schottete sich die Vereinigung nach außen zunehmend ab. Mitglieder und Interessenten hatten eine sog. Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen.

Verstöße dagegen sollten als Hochverrat mit der Todesstrafe geahndet werden.

2. Markus H. schloss sich spätestens im Juni 2022 der Vereinigung als Mitglied an. Gemeinsam mit Ralf S. arbeitete er auf Weisung des Marco v. H. die vorgenannte Verschwiegenheitserklärung aus. Er war Mitglied des Führungsstabs des „militärischen Arms“ und beteiligte sich in dieser Funktion an mehreren Koordinierungstreffen dieses Gremiums. Markus H., der über eine Fluglizenz verfügt, war innerhalb des Führungsstabs einer Untereinheit für taktische Luftunterstützungsaufgaben zugewiesen. Wiederholt organisierte er im Ortenaukreis Rekrutierungsveranstaltungen, bei denen eine Vielzahl von Personen Verschwiegenheitserklärungen unterzeichnete.

Matthias H. gliederte sich spätestens im Juli 2022 als Mitglied in die Vereinigung ein. Er beteiligte sich an Rekrutierungsveranstaltungen und stellte dafür auch sein eigenes Wohnanwesen zur Verfügung. Er wurde innerhalb der sog.

„Heimatschutzkompanie Nr. 221“ zum Militärverantwortlichen für den Bereich „Tübingen“ ernannt und organisierte gemeinsam mit anderen Vereinigungsmitgliedern, darunter Ralf S. und Steffen W., deren konkrete Aufstellung und Ausrüstung. In diesem Zusammenhang rekrutierte er insbesondere Markus L. Matthias H. war gemeinsam mit Steffen W. zudem für die militärische Ausbildung des Personals verantwortlich.

Marco v. H. gehörte der Vereinigung spätestens seit Januar 2022 als Mitglied an.

Ihm kam in der Vereinigung eine zentrale Rolle zu, da er behauptete, direkt mit der „Allianz“ in Kontakt treten zu können. Im Vertrauen hierauf wurde ihm innerhalb des „militärischen Arms“ die Funktion des Verbindungsoffiziers zu diesem Geheimbund übertragen. Dementsprechend nahm er an nahezu allen

Koordinierungs- und Rekrutierungstreffen des „militärischen Arms“, aber auch an Zusammenkünften mit Mitgliedern des „Rats“ teil und entfaltete umfangreiche Rekrutierungsbemühungen für die Vereinigung. Zudem war Marco v. H. im gesamten Bundesgebiet eng in den Auf- und Ausbau der sog. „Heimatschutzkompanien“ eingebunden.

Der Sportschütze Markus L. schloss sich der Vereinigung spätestens im Juli 2022 an und gliederte sich in die Strukturen der sog. „Heimatschutzkompanie Nr. 221“

ein. Diese sollte für die Gebiete Freudenstadt und Tübingen zuständig sein. In Vorbereitung auf das vermeintlich in Aussicht stehende Tätigwerden der „Allianz“

traf er konkrete Vorkehrungen und stellte der Vereinigung insbesondere das von ihm umfangreich vorgehaltene Waffenarsenal sowie seine Fähigkeiten im Umgang damit zur Verfügung. Markus L. war Inhaber zahlreicher waffenrechtlicher sowie einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis. Sein Waffenarsenal umfasste neben legal erworbenen Waffen auch eine Vielzahl nicht registrierter Schusswaffen sowie sonstige verbotene Waffen.

Am 22. März 2022 fand an der Wohnanschrift des Markus L. in Reutlingen eine durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs angeordnete Durchsuchung statt. Während des Einsatzes gab Markus L. auf die eingesetzten Polizeibeamten eines Spezialeinsatzkommandos aus nächster Nähe zahlreiche gezielte Schüsse ab.

Ein von den Beamten eingesetzter Schutzschild vermochte mehrere Projektile auf Brusthöhe abzuwehren. Gleichwohl wurden durch die Schüsse zwei Beamte verletzt, wobei ein Beamter dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen davontragen wird. Bei der Tatwaffe handelte es sich um ein halbautomatisches Schnellfeuergewehr der AR15-Baureihe, das Markus L. aus einzelnen im Internet erworbenen Komponenten zu einer einsatzfähigen Waffe zusammengebaut hatte.

Andreas M. gliederte sich spätestens im Juli 2022 als Mitglied in die Vereinigung ein. Er leitete im Führungsstab des „militärischen Arms“ den Bereich für Logistikangelegenheiten. Dazu gehörten beispielsweise die Beschaffung von Waffen und Ausrüstung sowie die Koordinierung des Aufbaus der IT-Struktur für die Vereinigung. Er beteiligte sich an allen wichtigen Koordinierungs- und Rekrutierungsveranstaltungen des „militärischen Arms“. Zudem war er zentral in die Auskundschaftung zahlreicher Bundeswehrkasernen eingebunden, zu denen er als aktives Mitglied des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr Zutritt hatte. Auf diese Weise verschaffte er auch weiteren Vereinigungsmitgliedern Zugang zu Liegenschaften der Bundeswehr. Schließlich war Andreas M. maßgeblich am Aufbau des Systems der sog. „Heimatschutzkompanien“ beteiligt. Er organisierte nicht nur mehrere Rekrutierungsveranstaltungen in Niedersachsen, sondern unterstützte auch potentielle Leiter neu gegründeter sog. „Heimatschutzkompanien“ beim Aufbau ihrer Einheiten.

Alexander Q. wurde spätestens im August 2022 Mitglied der Vereinigung. Er agierte als ihr „Sprachrohr“, indem er über einen von ihm betriebenen Telegram-Kanal auf Veranlassung des Marco v. H. verschwörungstheoretische Inhalte im Internet verbreitete. Hierzu zählten insbesondere Verlautbarungen zum bevorstehenden Einschreiten der „Allianz“ und dem damit verbundenen Startsignal für ein eigenes Tätigwerden der Vereinigungsmitglieder. Überdies nahm er an Planungstreffen des „militärischen Arms“ teil und ließ sich über dessen Aktivitäten fortlaufend unterrichten. Gemeinsam mit weiteren Vereinigungsmitgliedern stellte er Planungen an, nach der Machtübernahme einen eigenen TV-Sender für Propagandazwecke zu gründen und den Bundeswehr-Radiosender „Andernach“ zu übernehmen. Die aus seinen Online-Aktivitäten stammenden Kontakte nutzte er zudem für Rekrutierungsbemühungen der Vereinigung, was in mehreren Fällen auch erfolgreich war.

Ralf S. gehörte seit spätestens Juni 2022 als Mitglied zur Vereinigung.

Gemeinsam mit Markus H. arbeitete er auf Weisung von Marco v. H. die oben erwähnte Verschwiegenheitserklärung aus. Er wurde zum Leiter der in Baden-Württemberg angesiedelten „Heimatschutzkompanie Nr. 221“ bestimmt, welche für die Gebiete Freudenstadt und Tübingen verantwortlich war. Er war damit befasst, diese Einheit personell und materiell aufzustellen. Hierzu rekrutierte er persönlich Mitglieder, delegierte dies aber auch an die beiden Militärverantwortlichen Matthias H. und Steffen W. Er nahm regelmäßig an Zusammenkünften der Vereinigung teil und stellte dafür in mehreren Fällen sein Gartengrundstück zur Verfügung. Zudem überließ er der Vereinigung eine Armbrust nebst Laservisierung sowie Schusswaffenmunition.

Wolfram S. schloss sich spätestens im August 2022 der Vereinigung als Mitglied an. Er befasste sich mit dem Aufbau der IT-Struktur und beschaffte für die Vereinigungsmitglieder Laptops, die er mit einer einheitlichen Verschlüsselungstechnik versah. Hierüber sollte eine abhörsichere Kommunikation und ein geschützter Datenaustausch des Führungsstabs des „militärischen Arms“

ermöglicht werden. Daneben plante er den Aufbau mehrerer zentraler Datenbanken zur Erfassung von Informationen etwa im Hinblick auf die sog. „Heimatschutzkompanien“.

Steffen W. gliederte sich spätestens im Juli 2022 in die Vereinigung ein. Er nahm an diversen Veranstaltungen des „militärischen Arms“ teil und stellte für ein Rekrutierungstreffen sein Wohnanwesen zur Verfügung. Gemeinsam mit Matthias H. wurde er zum Militärverantwortlichen der „Heimatschutzkompanie Nr. 221“

ernannt, wobei ihm die Leitung des Gebiets Freudenstadt zukam. In seinem Zuständigkeitsbereich organisierte er in enger Abstimmung mit Matthias H. und Ralf S. die konkrete Aufstellung und Ausrüstung der „Heimatschutzkompanie“.

Steffen W. war zudem gemeinsam mit Matthias H. für die militärische Ausbildung des Personals verantwortlich.

3. Mit Ausnahme von Markus L. und Steffen W. waren alle oben genannten Angeschuldigten am 7. Dezember 2022 festgenommen worden. Die Festnahme von Markus L. erfolgte am 22. März 2023, die von Steffen W. am 22. Mai 2023. Alle Personen befinden sich weiter in Untersuchungshaft. Grundlage hierfür sind jeweils Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs.

Verfahren vor dem OLG München

Die Bundesanwaltschaft hat am 11. Dezember 2023 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts München Anklage gegen die deutschen Staatsangehörigen

Paul G.
Ruth L.
Tomas M.
Harald P.
Frank R.
Melanie R.
Thomas T.
und Christian W.

erhoben.

Die Angeschuldigten Ruth L., Harald P. und Thomas T. sind hinreichend verdächtig, eine terroristische Vereinigung gegründet und sich anschließend an ihr als Mitglieder beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Paul G., Tomas M., Frank R., Melanie R. und Christian W. wird Mitgliedschaft in der Vereinigung vorgeworfen. Alle vorgenannten Personen sind auch wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens (§ 83 Abs. 1 StGB) angeklagt. Den Angeschuldigten Tomas M., Frank R., Melanie R. und Christian W. wird überdies die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Abs. 1, Abs.

2 Nr. 1 StGB) zur Last gelegt. Christian W. ist zudem wegen Verstößen gegen das WaffG (§ 52 Abs. 1 und 3 WaffG) angeklagt.

In der Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

1. Die Angeschuldigten gehörten zu einer Ende Juli 2021 gegründeten terroristischen Vereinigung, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Die Angehörigen der Vereinigung verband eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Sie folgten einem Konglomerat aus Verschwörungsmythen, bestehend aus Narrativen der sog. Reichsbürger- und Selbstverwalterszene sowie der QAnon-Ideologie. So waren sie fest davon überzeugt, dass Deutschland derzeit von Angehörigen eines sog. „Deep State“

regiert werde. Befreiung verspreche die sog. „Allianz“, ein – tatsächlich nicht existierender – technisch überlegener Geheimbund von Regierungen, Nachrichtendiensten und Militärs verschiedener Staaten einschließlich der Russischen Föderation sowie der Vereinigten Staaten von Amerika.

Vor diesem Hintergrund plante die Vereinigung ab August 2021, mit einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Abgeordnete des Deutschen Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen. Hierfür trat die Vereinigung in konkrete Vorbereitungen ein, wie die Rekrutierung von militärischem Personal, die Beschaffung von Ausrüstung und die Durchführung eines Schießtrainings. Ab Mitte April 2022 führte die Vereinigung dieses Vorhaben nunmehr im engeren Kreis fort.

Zugleich setzte die Vereinigung verstärkt auf den Aufbau bundesweiter, flächendeckend operierender bewaffneter Kräfte. Hierzu propagierte sie eine Zusammenarbeit mit der „Allianz“. Jene sah vor, dass der Geheimbund ein Zeichen für den Eintritt des sog. „Tag X“ als Signal für das Eingreifen der Vereinigung geben werde. Der Eintritt dieses Ereignisses unterlag der Deutungshoheit der Vereinigung. Unter anderem wurde der Tod von Queen Elizabeth II als derartiges Signal diskutiert. Während die „Allianz“ dann einen ersten Angriff auf die obersten staatlichen Institutionen ausführen sollte, wollte die Vereinigung anschließend in Eigeninitiative die Beseitigung der verbliebenen Institutionen und Amtsträger auf Landes-, Kreis- und kommunaler Ebene übernehmen. Zu diesem Zweck hatten die Angehörigen der Vereinigung bereits mehrere sog. Feindeslisten erstellt. Zudem sah sich die Vereinigung in der Verantwortung, für eine politische Neugestaltung Deutschlands nach dem Umsturz zu sorgen. Ihren Mitgliedern war bewusst, dass die geplante Machtübernahme mit der Tötung von Menschen verbunden wäre. Unter den Vereinigungsmitgliedern galt als sicher, dass es zeitnah zu einem Einschreiten der „Allianz“ in Deutschland kommen würde.

Ab Sommer 2021 traf die Gruppierung für den Umsturz und die anschließende Absicherung der Macht zahlreiche konkrete Vorbereitungen. Als zentrales Gremium fungierte der „Rat“, der sich – ähnlich wie das Kabinett einer regulären Regierung – aus verschiedenen Ressorts, namentlich „Militär“, „Inneres“, „Gesundheit“, „Äußeres“ und „Justiz“, zusammensetzte. Der „Rat“ sollte nach dem Umsturz als Übergangsregierung fungieren und – dem klassischen Reichsbürgernarrativ entsprechend – die neue staatliche Ordnung in Deutschland mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs verhandeln. Zentraler Ansprechpartner dafür war aus Sicht der Vereinigung ausschließlich die Russische Föderation. Seit Februar 2022 trafen sich die Ratsmitglieder regelmäßig zu Sitzungen, um das weitere Vorgehen zu planen.

Angegliedert an den „Rat“ war der „militärische Arm“. Diesem Teil der Vereinigung oblag es, die geplante Machtübernahme mit Waffengewalt durchzusetzen. Bewerkstelligt werden sollte dies über ein bereits im Aufbau befindliches deutschlandweites System von insgesamt 286 militärisch organisierten Verbänden, den sog. „Heimatschutzkompanien“. Der „militärische Arm“ hatte einen Führungsstab, welcher sich unter anderem mit der Rekrutierung neuer Mitglieder, der Beschaffung von Waffen und anderen Ausrüstungsgegenständen, dem Aufbau einer abhörsicheren Kommunikations- und IT-Struktur sowie Plänen für die künftige Unterbringung und Verpflegung der sog.

„Heimatschutzkompanien“ befasste. Auf Geheiß des „militärischen Arms“ wurden diverse Rekrutierungsveranstaltungen durchgeführt, bei denen es vor allem darum ging, aktive oder ehemalige Angehörige der Bundeswehr und Polizei für die Vereinigung anzuwerben.

Die Vereinigung verfügte über finanzielle Mittel in Höhe von etwa 500.000 Euro.

Sie hatte Zugriff auf ein massives Waffenarsenal, bestehend aus insgesamt rund 380 Schusswaffen, beinahe 350 Hieb- und Stichwaffen und fast 500 weiteren Waffen- sowie mindestens 148.000 Munitionsteilen. Vereinigungsmitglieder schafften zudem eine Vielzahl sonstiger militärischer Ausrüstung an, darunter ballistische Helme, schusssichere Westen, Nachtsichtgeräte und Handfesseln.

Mit der Zeit schottete sich die Vereinigung nach außen zunehmend ab. Mitglieder und Interessenten hatten eine sog. Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen.

Verstöße dagegen sollten als Hochverrat mit der Todesstrafe geahndet werden.

2. Paul G. schloss sich der Vereinigung Ende April 2022 als Mitglied an. Er gehörte dem „Rat“ der Vereinigung an und war in diesem Gremium für die Leitung des Ressorts „Äußeres“ auserkoren. Er nahm an insgesamt fünf von sechs Ratssitzungen teil. Auf der Augustsitzung stellte er seine Planungen für die künftige deutsche Außenpolitik nach dem Umsturz vor. Bei einem Streit über die Verteilung der Verschwiegenheitserklärungen vermittelte Paul G. im Oktober 2022 zwischen den Rädelsführern der Vereinigung, den vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeschuldigten Heinrich XIII P. R. und Rüdiger v. P.

Ruth L. gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung. Bei einer Zusammenkunft am 29. Juli 2021 verabredete sie mit Harald P. und Thomas T. sowie mit den vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeschuldigten Rüdiger v. P., Maximilian E., und Peter W., die staatliche Ordnung in Deutschland mit Waffengewalt zu beseitigen. Sie war frühzeitig in die Planungen für ein gewaltsames Eindringen in den Deutschen Bundestag eingebunden. Ruth L.

beteiligte sich an mehreren Koordinierungstreffen und rekrutierte neue Mitglieder wie etwa die vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeschuldigte Birgit M.-W. Sie nahm an fünf von sechs Sitzungen des „Rates“ der Vereinigung teil und übernahm in diesem Gremium gemeinsam mit Thomas T. die Leitung des im August 2022 eingerichteten Ressorts „Transkommunikation“. Dieses Ressort war insbesondere für die spirituelle Überprüfung neuer Ratsmitglieder und die persönliche Beratung von Heinrich XIII P. R. zuständig.

Tomas M. schloss sich der Vereinigung Ende November 2021 als Mitglied an. Er sollte an dem Angriff auf den Deutschen Bundestag teilnehmen und wurde hierzu von Christian W. ausgerüstet. Im April 2022 absolvierte er ein Schießtraining.

Er nahm an Planungstreffen des „militärischen Arms“ teil und wirkte am Aufbau der sog. „Heimatschutzkompanien“ mit. Außerdem übernahm er innerhalb des militärischen Führungsstabs die Leitung des Organisationsbereichs „Menschenwesen“. Dieser sollte nach dem Umsturz unter anderem die Militärgerichtsbarkeit übernehmen und Straftaten auch unter Anwendung der Todesstrafe aburteilen. Auch die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sollte in der Abteilung angesiedelt sein. Tomas M. war gemeinsam mit Harald P. und weiteren Vereinigungsmitgliedern Teil des durch den „militärischen Arm“ gestellten Personenschutzkommandos für Heinrich XIII P. R.

Harald P. gehörte als Teilnehmer an der Zusammenkunft am 29. Juli 2021 zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung. Er war ebenfalls für den Angriff auf den Deutschen Bundestag vorgesehen und wurde zu diesem Zweck von Christian W.

ausgerüstet. Unter Beteiligung der vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeschuldigten Maximilian E., Birgit M.-W. und Peter W. kundschaftete er im August 2021 die Liegenschaften des Deutschen Bundestages in Berlin aus. Im April

2022 absolvierte er ein Schießtraining. Zudem leitete er das Personenschutzkommando für Heinrich XIII P. R. Er nahm an Planungstreffen des „militärischen Arms“ teil und beteiligte sich am Aufbau der sog.

„Heimatschutzkompanien“. Überdies war er in die Rekrutierung neuer Mitglieder eingebunden und arbeitete gemeinsam mit dem vor dem Oberlandesgericht Stuttgart angeschuldigten Wolfram S. am Aufbau einer gesicherten Kommunikations- und IT-Struktur für die Vereinigung.

Frank R. schloss sich der Vereinigung spätestens im August 2022 als Mitglied an.

Im Führungsstab des „militärischen Arms“ arbeitete er als Referatsleiter unter Christian W. an der Beschaffung von Waffen und Ausrüstung. Daneben war er in die Rekrutierung neuer Mitglieder und die Konzeption der sog. „Heimatschutzkompanien“ eingebunden. Um Unterstützung für die Verfolgung der Ziele der Vereinigung zu erhalten, vereinbarte Frank R. gemeinsam mit Christian W. für Dezember 2022 einen Gesprächstermin im Generalkonsulat der Russischen Föderation in Leipzig. Zur Wahrnehmung des Termins kam es aufgrund der Festnahme der Angeschuldigten nicht mehr.

Melanie R. schloss sich der Vereinigung spätestens im Februar 2022 als Mitglied an. Sie gehörte dem „Rat“ an und war in diesem Gremium für die Leitung des Ressorts „Gesundheit“ vorgesehen. Sie war in alle Ratssitzungen eingebunden und trug dort unter anderem ihre Vorstellungen für eine neue Gesundheitspolitik vor.

Darüber hinaus schlug sie Paul G. als neues Mitglied für die Vereinigung und den „Rat“ vor. Aus ihrem Privatvermögen stellte sie der Vereinigung rund 47.000 Euro zur Verfügung, die unter anderem der Durchführung eines Schießtrainings dienten.

Thomas T. gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung. Die Zusammenkunft am 29. Juli 2021 fand bei ihm zu Hause statt. Er beteiligte sich an mehreren Koordinierungstreffen. Außerdem sollte er an dem Angriff auf den Deutschen Bundestag teilnehmen. Im April 2022 absolvierte er ein Schießtraining. Thomas T. war bei allen sechs Sitzungen des „Rates“ zugegen und übernahm in diesem Gremium gemeinsam mit Ruth L. die Leitung des Ressorts „Transkommunikation“. Für Heinrich XIII P. R. koordinierte Thomas T. die Sitzungen des „Rates“. Überdies verteilte er die im Auftrag von Heinrich XIII P. R. beschafften Satellitentelefone an die Mitglieder des „Rates“ und die Führungsebene des „militärischen Arms“, um eine abhörsichere Kommunikation zu ermöglichen.

Christian W. schloss sich spätestens im November 2021 der Vereinigung als Mitglied an. Er rekrutierte neue Mitglieder und rüstete sie für den geplanten Angriff auf den Deutschen Bundestag aus. Dazu hielt er ein großes Arsenal ausLang- und Kurzwaffen vorrätig. Für das Schießtraining der Vereinigung im April

2022 stellte er Waffen und Munition zur Verfügung und leitete einen Teil der Ausbildung. Innerhalb des militärischen Führungsstabs übernahm Christian W. die Leitung des Bereichs zur Beschaffung von Waffen und Ausrüstung. Ferner nahm er eine führende Rolle beim Aufbau der sog. „Heimatschutzkompanien“ ein. Gemeinsam mit dem vor dem Oberlandesgericht Stuttgart angeschuldigten Andreas M.

entwickelte er verschiedene Konzeptunterlagen sowie Präsentationen für Rekrutierungsveranstaltungen. Um Unterstützung für die Verfolgung der Ziele der Vereinigung zu erhalten, vereinbarte Christian W. gemeinsam mit Frank R. für Dezember 2022 einen Gesprächstermin im Generalkonsulat der Russischen Föderation in Leipzig. Zur Wahrnehmung des Termins kam es aufgrund der Festnahme der Angeschuldigten nicht mehr. 3. Die Angeschuldigten wurden am 7. Dezember 2022 festgenommen und befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Grundlage hierfür sind Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs.

(c) Generalbundesanwalt, 12.12.2023

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