Verschiedene Projekte beschäftigen sich zurzeit damit, wie der Zivilprozess der Zukunft aussehen soll. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lud am vergangenen Dienstag Experten aus Anwaltschaft, Politik und Wissenschaft ein, um den aktuellen Stand zu diskutieren.

„Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig eine fortschreitende Digitalisierung der Gerichtsabläufe sowie die elektronische Kommunikation aller Verfahrensbeteiligten und Akteure mit der Justiz ist“, so Benjamin Strasser, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz (BMJ), der stellvertretend für Minister Marco Buschmann die Teilnehmenden begrüßte.Auch DAV-Präsidentin Edith Kindermann stellt klar, welche Rolle die Digitalisierung angesichts sinkender Verfahrenszahlen spielt: „Es geht bei diesen Themen um den Zugang zum Recht.“ Digitale Transformation beschränke sich nicht nur auf das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA). Das Vorhaben ist vielschichtig und muss in zahlreichen kleinen Schritten angegangen werden. „Angesichts der Komplexität wird es nicht ein großes Reformvorhaben geben können“, so die Rechtsanwältin und Notarin. „Wir dürfen nicht nur unter Juristen miteinander diskutieren: Die Fragen, die sich durch die Digitalisierung auftun, brauchen einen interprofessionellen Ansatz.“ So seien auch technischer Sachverstand und Expertise in Kommunikationsdynamiken vonnöten. Am Ende muss nichtsdestotrotz ein einheitliches Gesamtkonzept stehen – länderspezifische Insellösungen zerfasern den Prozess und schaffen neue Barrieren. Um Erfolg zu haben, muss es die Menschen mitnehmen.

Verschiedene Projekte auf dem Weg

Mehr als 400 Teilnehmende verfolgten vor Ort oder digital die Impulsvorträge zur Strukturierung im Spannungsfeld zwischen Parteiherrschaft und Richtermacht, der Bewältigung von Masseverfahren, Möglichkeiten und Grenzen von Videoverhandlung und der Abwägung von Digitalisierungsinteressen und Verfahrensgrundsätzen. Die jeweils anschließende Gelegenheit zur Diskussion wurde rege genutzt und zeigte auf, wie die verschiedenen Themen zusammenhängen.

Abschließend stellte Dr. Katharina von Rosenstiel die Konzepte des Bundesjustizministeriums für ein Online-Klagetool vor. Bisher handelt es sich dabei zwar nur um eine Erprobung neuer Möglichkeiten für eng begrenzte Fragestellen. Die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse könnten jedoch auch Erfahrungen für weitere Digitalisierungsmöglichkeiten erbringen. Wie genau diese aussehen – ob es Teilnahmepflichten gibt und wer Klage erheben kann – ist dabei zwar noch offen. Ein bundeseinheitliches Videoportal der Justiz soll jedoch spätestens bis 2023 einsatzbereit sein, so der Staatssekretär Strasser.

Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 20. Oktober 2022

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