Erfurt, 26. November 2025 (JPD) – Teilzeitbeschäftigte im Groß- und Außenhandel haben Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge schon dann, wenn sie ihre vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit überschreiten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erklärte eine tarifvertragliche Regelung für unwirksam, die Zuschläge erst ab der 41. Arbeitsstunde vorsah – unabhängig davon, ob Beschäftigte in Voll- oder Teilzeit arbeiten. Die Vorschrift verstoße gegen das Diskriminierungsverbot aus § 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).

BAG: Zuschlagsgrenzen müssen anteilig angepasst werden

In dem Verfahren stritten die Parteien über die Auslegung des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer im bayerischen Groß- und Außenhandel. Dieser sieht für Vollzeitkräfte eine Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden vor, Mehrarbeitszuschläge sind erst ab der 41. Stunde zu zahlen. Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer mit 30,8 Wochenstunden verlangte Zuschläge bereits ab Überschreiten seiner individuellen Arbeitszeit. Die Vorinstanzen hatten seine Klage abgewiesen.

Der Fünfte Senat des BAG gab dem Kläger nun Recht. Die tarifliche Zuschlagsgrenze müsse proportional zur individuellen Arbeitszeit abgesenkt werden. Andernfalls würden Teilzeitbeschäftigte unzulässig benachteiligt, da sie erst bei deutlich höherer relativer Belastung in den Genuss von Mehrarbeitszuschlägen kämen. Für eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung gebe es keine. Die Arbeitsgerichte müssten hierbei unionsrechtliche Vorgaben berücksichtigen und nicht nur eine Willkürkontrolle vornehmen.

Tarifliche Regelung teilweise nichtig

Nach Auffassung des BAG ist die Tarifbestimmung gemäß § 134 BGB nichtig, soweit sie keine anteilige Absenkung der Zuschlagsgrenze für Teilzeitkräfte vorsieht. Teilzeitbeschäftigte können daher nach § 612 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG Mehrarbeitszuschläge beanspruchen, sobald sie proportional mehr arbeiten als vertraglich geschuldet. Eine Frist zur Korrektur an die Tarifvertragsparteien müsse nicht eingeräumt werden, da unionsrechtlich geprägte Diskriminierungsverbote unmittelbar wirken.

Das Verfahren wurde an das Landesarbeitsgericht Nürnberg zurückverwiesen, das nun klären muss, in welchem Umfang der Kläger tatsächlich Mehrarbeit geleistet hat. Parallel entschied das BAG am selben Tag ein ähnlich gelagertes Verfahren.

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