
Leipzig, 6. November 2025 (JPD) – Der gesetzliche Erstattungsanspruch zwischen Jugendämtern für die Kosten der Vollzeitpflege umfasst nicht nur fortgesetzte Hilfen, sondern auch erstmalige oder erneut bewilligte Pflegeleistungen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden und damit die bisherige restriktive Auslegung der Vorinstanzen aufgehoben.
BVerwG: Kostenerstattung auch bei neuer Vollzeitpflegepflicht des Pflegestellenorts
Im zugrunde liegenden Fall verlangte ein Landkreis von einer Stadt die Erstattung von Aufwendungen für ein in Vollzeitpflege untergebrachtes Kind. Das Kind war 2009 im Zuständigkeitsbereich der Stadt geboren und bei Pflegeeltern im Gebiet des Landkreises aufgenommen worden. Nachdem die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII auf den Landkreis übergegangen war, übernahm dieser die Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege. Die Stadt hatte zuvor ihre Hilfe beendet, da eine Adoption erwartet wurde.
Die Klage des Landkreises blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht sahen den Anspruch nach § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nur für den Fall einer fortgeführten Vollzeitpflege als gegeben an, nicht aber bei einer neu gewährten Hilfe.
Das Bundesverwaltungsgericht widersprach dieser Auffassung. Der gesetzliche Erstattungsanspruch diene dazu, Pflegestellenorte finanziell zu entlasten, wenn sie infolge eines Zuständigkeitsübergangs nach § 86 Abs. 6 SGB VIII Kosten der Vollzeitpflege tragen müssen. Dieser Anspruch erfasse daher auch Fälle, in denen die Hilfe erstmals oder erneut bewilligt wird. Nur so werde der Zweck der Norm erfüllt, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für ausreichende Pflegeangebote zu sichern.
Das BVerwG hob das Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Eine abschließende Entscheidung sei nicht möglich, weil die Tatsachenfeststellungen zur Dauer der Erstattungsberechtigung und -pflicht noch fehlen (Az. 5 C 5.24).