Berlin, 9. Oktober 2025 (JPD) – Die flächendeckende Einführung der elektronischen Akte in der Justiz verzögert sich erneut. Eigentlich sollte die E-Akte ab dem 1. Januar 2026 bundesweit verpflichtend genutzt werden, doch die Bundesregierung plant eine weitere Übergangsfrist. Durch eine sogenannte Opt-out-Regelung könnten Bund und Länder die Einführung bis Anfang 2027 hinausschieben. Der Bundestag will darüber in der Nacht beraten.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) reagierte mit deutlicher Kritik auf die erneute Verschiebung. Die Vorsitzende des DAV-Ausschusses Elektronischer Rechtsverkehr, Rechtsanwältin Ulrike Silbermann, erklärte, die Justiz bleibe damit weiter hinter der Anwaltschaft zurück, die bereits seit Jahren vollständig digital arbeite.

DAV kritisiert erneute Verzögerung bei Einführung der E-Akte

„Die Anwaltschaft ist bereits vor Jahren mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach, dem beA, in Vorleistung gegangen“, sagte Silbermann. Seit 2018 müssten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte digital empfangsbereit sein, seit 2022 sei der elektronische Rechtsverkehr mit Gerichten verpflichtend. „Wie lange soll es noch dauern, bis die Justiz mitzieht?“, fragte die DAV-Vertreterin.

Die Vorsitzende zeigte Verständnis für technische Schwierigkeiten, mangelnde IT-Ausstattung und den schleppenden Breitbandausbau, betonte aber zugleich die Dringlichkeit des Projekts. Die fortgesetzte Verzögerung schade der Effizienz und Glaubwürdigkeit der Justiz. „Die Zeiten gerichtlicher Druckstraßen müssen endlich der Vergangenheit angehören“, so Silbermann. Spätestens mit der geplanten Umsetzung 2027 müsse die digitale Aktenführung flächendeckend Realität werden – ohne neue Ausnahmen und ohne föderale Flickenteppiche.

Digitale Transformation der Justiz weiter unter Druck

Mit der geplanten Fristverlängerung droht die Digitalisierung der Justiz erneut ins Stocken zu geraten. Während Anwältinnen und Anwälte über das beA längst vollständig digital kommunizieren, arbeiten viele Gerichte weiterhin überwiegend mit Papierakten. Fachleute warnen, die Verschiebung der E-Akte könne die Modernisierung der Justiz um Jahre verzögern und das Vertrauen in die digitale Verwaltung schwächen.

Der DAV fordert deshalb eine klare politische Zusage, dass die elektronische Akte spätestens 2027 in allen Gerichtsbarkeiten eingeführt wird. Der Bundestag berät am späten Donnerstagabend über die entsprechende Gesetzesänderung.

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