Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat einem Eilantrag der Deutschen Umwelthilfe stattgegeben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die naturschutzrechtlichen Befreiungen für die Verlegung eines Seekabels zwischen dem Windpark „Riffgat“ und der Gasplattform „N05-A“ wiederhergestellt. Das Gericht hält die Befreiungen voraussichtlich für rechtswidrig und sieht besonders geschützte Biotope in ihrer Substanz gefährdet.

    Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Oldenburg hat mit Beschluss vom 14. Juli 2025 (Az. 5 B 5439/25) einem vorläufigen Rechtsschutzantrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stattgegeben. Hintergrund des Rechtsstreits ist die geplante Verlegung eines zur Stromversorgung vorgesehenen Seekabels vom Offshore-Windpark „Riffgat“ vor Borkum zu der von der One-Dyas B.V. betriebenen Gasförderplattform „N05-A“ imniederländischen Hoheitsgewässer. 

    Für die Verlegung des Seekabels hat der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mit Bescheid vom 01. September 2022 eine naturschutzrechtliche Befreiung hinsichtlich eines in dem Bereich der Stromkabeltrasse vorkommenden besonders geschützten Biotoptypserteilt. Mit Bescheid vom 19. Juli 2024 hat der NLWKN sodann eine weitere naturschutzrechtliche Befreiung für einen weiteren dort vorkommenden und ebenfalls besonders geschützten Biotoptyp erteilt und die sofortige Vollziehung dieser Befreiung angeordnet. Ferner ordnete er mit einem weiteren Bescheid vom 19. Juli 2024 die sofortige Vollziehung der Befreiung vom 01. September 2022 an. Mit Änderungsbescheid vom 31. März 2025 wurden seitens des NLWKN inhaltliche Änderungen zu den vorgenannten Befreiungen vorgenommen. Die DUH hat gegen die naturschutzrechtlichen Befreiungen Klage bzw. Widerspruch erhoben.

    Da zwischen den Beteiligten in Streit stand, ob die naturschutzrechtlichen Befreiungen vollziehbar sind, stellte das Gericht auf Antrag der One-Dyas B.V. mit Beschluss vom 3. Juli 2025 (Az. 5 B 4585/25) die sofortige Vollziehbarkeit der naturschutzrechtlichen Befreiungen fest (Pressemitteilung VG Oldenburg vom 03. Juli 2025).

    Am 03. Juli 2025 stellte die DUH einen Antrag auf vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz, mit welchem sie begehrt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage bzw. ihres Widerspruches gegen die naturschutzrechtlichen Befreiungen wiederherzustellen.

    Auf diesen Antrag hat das Gericht mit dem o.g. Beschluss die aufschiebende Wirkung der Klage bzw. des Widerspruches der DUH wiederhergestellt, weil sich die angefochtenen naturschutzrechtlichen Befreiungen bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich als rechtswidrig erweisen. 

    Nach Auffassung der 5. Kammer hält die Bewertung des NLWKN, dass die Erteilung der Befreiungen notwendig ist, einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Das Gericht hat durchgreifende Zweifel daran, dass die Stromversorgung der Plattform „N05-A“ durch Inkaufnahme der (teilweisen) Zerstörung der besonders geschützten Biotoptypen alternativlos durch das geplante Seekabel erfolgen muss, weil es nach Auffassung des Gerichts jedenfalls die Alternative des Betriebes der Förderplattform über Gasgeneratoren gibt. Ob weitere zumutbare Alternativen der Stromversorgung in Betracht kommen, namentlich die Leitung des Stromkabels auf Masten (Freileitung) oder die Versorgung der Plattform über Dieselgeneratoren bzw. Brennstoffzellen, hat das Gericht offengelassen.

    Das Gericht führt weiter aus, dass selbst wenn eine Notwendigkeit der Befreiungen angenommen würde, der Antrag dennoch Erfolg hat. Denn eine in diesem Fall vorzunehmende Folgenabwägung geht zu Gunsten der DUH aus. Die unterstellten Schäden an der Natur durch die Verlegung des Seekabels, konkret die erheblicheBeeinträchtigung oder teilweise Zerstörung der geschützten Biotoptypen, sind nämlich schwerwiegender als zu erwartende Nachteile einer Verzögerung der Verlegung des Seekabels. Denn die Folgen eines Eingriffs in die geschützten Biotoptypen sind – möglicherweise – irreversibel, jedenfalls aber langfristig, während die möglichen Nachteile einer Verzögerung – nämlich die öffentlichen Interessen an einer weiterhin bestehenden Gasförderung, die – nach dem Verständnis des Gerichts im Übrigen auch ohne den Strom aus dem Windpark möglich ist (s.o.) bzw. das finanzielle Interesse der One-Dyas B.V. an einer zügigen Verlegung des Seekabels – nur vorübergehend und nicht irreversibel sind.

    Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Der NLWKN und die One-Dyas B. V. können Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einlegen.

    VG Oldenburg, 15.07.2025

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