Berlin, 05.11.2025 (PM)Etwa 605.000 Arbeitsplätze hängen in Deutschland vom Stahl ab, zeigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Doch hohe Energiepreise und Billigimporte setzen die Branche unter Druck. Ohne eine wettbewerbsfähige Stahlproduktion drohen nicht nur Jobverluste, sondern auch Rückschläge bei den Klimazielen.

Die Stahlbranche musste in den vergangenen Jahren zahlreiche Rückschläge verkraften. Meldungen über Werksschließungen, Personalabbau und Produktionsrückgänge waren an der Tagesordnung. Der Niedergang einer Branche, die Deutschland über Jahrzehnte geprägt hat, droht – und damit auch der Verlust eines wichtigen Teils der industriellen Identität. Es ist daher höchste Zeit, dass Friedrich Merz am Donnerstag zum Stahlgipfel ins Kanzleramt lädt. Wie Berechnungen des IW zeigen, steht viel auf dem Spiel: Etwa 605.000 Arbeitsplätze in Deutschland hängen von der Stahlindustrie ab – zum Beispiel als Zulieferer oder Kunden.

Nicht wettbewerbsfähig
Dass die deutsche Stahlindustrie in der Krise ist, hängt auch mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zusammen. Vor der Energiekrise 2022 war die Stahlproduktion in Deutschland noch wettbewerbsfähig, zeigen IW-Auswertungen: 2019 lagen die Produktionskosten demnach bei knapp 440 Euro pro Tonne – das entsprach etwa dem Niveau der USA (430 Euro pro Tonne). Im Jahr 2023 waren es schon 550 Euro pro Tonne – und das, obwohl die schlimmsten Preisschocks zu diesem Zeitpunkt überwunden waren. Mit der klimafreundlichen Umstellung auf Wasserstoff könnten die Kosten zusätzlich um fast 50 Prozent auf 810 Euro pro Tonne steigen.

Dazu kommen geopolitische Verwerfungen, zwischen deren Fronten die deutsche Wirtschaft gelandet ist: Während China seine Stahlindustrie mit Rekordsubventionen aufbockt, versuchen die USA unter Trump Stahlimporte durch hohe Zölle einzudämmen. All das mindert die Exportchancen der deutschen Hersteller enorm.

Bundesregierung gefordert
Am Letztgenannten wird Friedrich Merz kurzfristig wenig ändern können. Bei den Produktionskosten hingegen schon: Die Energiepreise müssen dauerhaft sinken – und zwar über den Industriestrompreis hinaus. Der entlastet die deutschen Unternehmen nach IW-Berechnungen nur um bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Jahr und ist damit keine echte Hilfe – zumal er auch nur für drei Jahre gelten soll. Stattdessen muss die Industrie beim Wandel zu grünem Stahl gezielter unterstützt werden, beispielsweise über Klimaschutzverträge. Zudem braucht es eine effizientere Energieversorgung, unter anderem durch ein leistungsfähiges Stromnetz und den zügigen Aufbau einer Infrastruktur für Wasserstoff. Andernfalls sind mehrere hunderttausend Arbeitsplätze und die Klimaziele gefährdet.

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