
Berlin, 6. Oktober 2025 (JPD) – Der Gesetzentwurf der CDU/CSU- und SPD-Fraktion zur Bestimmung sogenannter „sicherer Herkunftsstaaten“ hat bei einer Anhörung im Innenausschuss des Bundestages zu deutlichen Kontroversen unter den Sachverständigen geführt. Während Vertreter aus Justiz und Verwaltung die geplante Regelung als praxisgerechte Lösung begrüßten, äußerten Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen verfassungsrechtliche Bedenken und warnten vor Einschränkungen des Rechtsschutzes für Asylsuchende.
Der Entwurf sieht vor, dass sichere Herkunftsstaaten künftig per Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden können. Zugleich soll die Pflicht zur Bestellung anwaltlicher Vertreter in Abschiebungshaftverfahren entfallen. Befürworter wie Falk Fritzsch aus dem baden-württembergischen Justiz- und Migrationsministerium verwiesen auf Vollzugsdefizite bei der Durchsetzung von Ausreisepflichten und plädierten für eine Vereinfachung der Verfahren. Kritiker wie Wiebke Judith von Pro Asyl und Stefan Keßler vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst hielten den Vorstoß hingegen für verfassungswidrig und verwiesen auf die Bedeutung der anwaltlichen Vertretung als Schutzinstrument gegen unrechtmäßige Haftentscheidungen.
Streit um Verfassungsmäßigkeit sicherer Herkunftsstaaten
Mehrere Expertinnen und Experten bewerteten die Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten durch Rechtsverordnung als rechtlich problematisch. Holger Kolb vom Sachverständigenrat für Integration und Migration erinnerte daran, dass ähnliche Vorhaben in der Vergangenheit am Bundesrat gescheitert seien. Eine Umgehung der Zustimmungspflicht sei daher mit erheblichen verfassungsrechtlichen Risiken verbunden. Dagegen betonte Robert Seegmüller, Richter am Bundesverwaltungsgericht, die geplante Regelung könne Asylverfahren deutlich beschleunigen und die Verwaltungsgerichte entlasten.
Aus Sicht der Praxis befürwortete Veronika Vaith von der Zentralen Ausländerbehörde Niederbayern das Vorhaben ausdrücklich. Die Möglichkeit, Herkunftsstaaten mit geringer Anerkennungsquote als sicher einzustufen, erleichtere eine Konzentration auf schutzwürdige Fälle. Philipp Wittmann vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wies jedoch darauf hin, dass die Neuregelung unionsrechtliche Defizite aufweise, die nur durch eine konforme Auslegung behoben werden könnten.