Gemeinsam mit über 50 anderen Organisationen hat der Deutsche Anwaltverein (DAV) ein Forderungspapier zur EU-Asylreform unterzeichnet. Der Appell kritisiert die zu sehr auf Abwehr von Schutzsuchenden ausgerichtete Haltung der Bundesregierung in den Verhandlungen. Die Organisationen fordern die Abschaffung des Dublin-Systems, mahnen vor Absenkung der Schwellen für „sichere Drittstaaten“ und pochen auf den rechtstaatlichen und menschenwürdigen Zugang zu Asylverfahren – ohne Abschreckungs- und Abweisungsversuche an den EU-Außengrenzen.

Die über 50 unterzeichnenden Organisationen, neben dem DAV unter anderem Amnesty International, Pro Asyl und Ärzte ohne Grenzen, kritisieren die deutsche Position bei der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Die Kernpunkte des gemeinsamen Statements entsprechen auch langjährigen Forderungen des DAV.

„Durch die Pläne der Bundesregierung wird die DAV-Position, jederzeit effektiven Zugang zu Rechtsschutzmöglichkeiten zu gewährleisten, konterkariert“, kritisiert Rechtsanwalt Thomas Oberhäuser, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht des DAV. Schon heute sind Asylverfahren an den EU-Außengrenzen mängelbehaftet und rechtsstaatlich bedenklich. Das vom DAV mitgegründete Projekt „European Lawyers in Lesvos“ führt daher seit vielen Jahren unabhängige Pro-bono-Rechtsberatung für Geflüchtete auf den griechischen Inseln durch.

Die GEAS-Reform sieht nun eine Ausweitung in Form einer Pflicht zur Durchführung der umstrittenen Grenzverfahren vor – die von der Bundesregierung voraussichtlich unterstützt werden wird. „Es ist absehbar, dass die Standards in den Verfahren weiter absinken werden, um möglichst viele Schutzsuchende, Bittstellern gleich, von vorherein abzuwimmeln, gerade durch die Kombination mit der geplanten Ausweitung der ‚sicheren Drittstaaten‘“, mahnt Oberhäuser. Gegen die Absenkung der Schwellen für die sogenannten „sicheren Drittstaaten” hat sich der DAV in den vergangenen Jahren mehrfach in Stellungnahmen eingesetzt, ebenso wie für die Abschaffung des Dublin-Systems.

Die Position der Bundesregierung steht im Widerspruch zu den Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag. Im Vorfeld des Treffens der EU-Innenminister:innen am 8. Juni 2023 appellieren die unterzeichnenden Organisationen daher an die Bundesregierung, ihrer humanitären Verantwortung gerecht zu werden und ihren eigenen Koalitionsvertrag ernst zu nehmen. Das Forderungspapier wurde gestern an die Politik übersandt.

Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 17. Mai 2023

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