
Berlin, 19. November 2025 (JPD) – Access-Provider in Nordrhein-Westfalen müssen pornografische Internetangebote eines Anbieters aus Zypern vorerst nicht sperren. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf setzte am Mittwoch mehrere Sperrverfügungen der Landesanstalt für Medien NRW aus. Grundlage der Entscheidung ist neue Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die bestimmte Regelungen des deutschen Jugendmedienschutzes für unionsrechtswidrig erklärt. Die Untersagungsverfügungen gegen den Anbieter selbst bleiben jedoch weiterhin vollziehbar.
Verwaltungsgericht kippt Sperrverfügungen – Auswirkungen auf den Jugendmedienschutz
Die Medienaufsicht hatte dem zyprischen Anbieter bereits im Juni 2020 untersagt, pornografische Inhalte ohne wirksame Alterskontrolle zu verbreiten. Diese Untersagungen hielten dem gerichtlichen Rechtsschutz stand: Sowohl das Verwaltungsgericht Düsseldorf als auch das Oberverwaltungsgericht NRW bestätigten sie im Eilverfahren; im Hauptsacheverfahren erklärte die Kammer die Verfügungen im April 2023 als rechtmäßig. Mehrere Berufungsverfahren hierzu sind weiterhin beim Oberverwaltungsgericht anhängig. Erst anschließend forderte die Landesanstalt verschiedene Access-Provider zur Sperrung der betreffenden Seiten auf.
Nach Angaben des Gerichts hat der Anbieter nun neue Eilanträge gestellt, weil sich das europäische und nationale Recht zum Jugendmedienschutz seit den ursprünglichen Entscheidungen erheblich verändert habe. Diese Anträge waren im Hinblick auf die Sperrverfügungen erfolgreich: Die Kammer entschied, dass die zugrunde liegenden Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags nicht mehr den Vorgaben des EU-Rechts entsprechen. Der freie Verkehr digitaler Dienste aus einem anderen EU-Mitgliedstaat dürfe nur unter engen Voraussetzungen beschränkt werden, die die deutschen Regelungen derzeit nicht erfüllten. Daher dürften die Sperranordnungen bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vollzogen werden.
Unberührt bleiben hingegen die Untersagungsverfügungen gegen den Anbieter selbst. Die erneuten Eilanträge wies das Gericht mangels Rechtsschutzbedürfnisses ab. Zur Begründung führte die Kammer aus, dass dem Anbieter aktuell keine weiteren Vollstreckungsmaßnahmen drohten und ihm für die Sperrverfügungen ausreichender Rechtsschutz zur Verfügung stehe. Gegen alle Beschlüsse ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht NRW in Münster möglich.
Im Mittelpunkt der Entscheidung steht der Jugendmedienschutz und die Frage, wie weit nationale Behörden digitale Inhalte aus anderen EU-Staaten beschränken dürfen. Mit der Aussetzung der Sperrverfügungen setzt das Gericht ein deutliches Signal zur unionsrechtskonformen Auslegung der medienrechtlichen Vorgaben.