
Erfurt, 30. Oktober 2025 (JPD) – Das Thüringer Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Gera gegen die Nicht-Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Bengt Fuchs, Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Gera, zurückgewiesen. Der 3. Strafsenat bestätigte damit den Beschluss des Landgerichts Gera vom 17. Juli 2025. Fuchs war wegen eines Facebook-Eintrags angeklagt worden, in dem er pauschal Angehörige der Sinti und Roma als „Rotationseuropäer mit Eigentumszuordnungsschwäche?“ bezeichnet haben soll.
Landgericht Gera: Volksverhetzung nicht gegeben
Die Staatsanwaltschaft hatte die Äußerung als Volksverhetzung (§ 130 StGB) gewertet, da sie Hass schüre und die Menschenwürde angreife. Das Landgericht sah die Tatbestandsmerkmale jedoch als nicht erfüllt an und lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Der 3. Strafsenat des Thüringer Oberlandesgerichts führte in seinem Beschluss vom 27. Oktober 2025 aus, dass die Aussage von Fuchs zwar ehrverletzend und diffamierend sei, aber weder Hass enthalte noch die Menschenwürde der betroffenen Personen im Kern angreife.
Die Richter betonten, dass § 130 StGB den unverzichtbaren Kern der Menschenwürde schützt und nicht bereits durch Beleidigungen oder Beschimpfungen verletzt wird. Es sei erforderlich, dass den Betroffenen das Lebensrecht in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen oder sie als minderwertig behandelt würden. Die Äußerung des Vizepräsidenten sei ein missglückter Versuch, auf ironisch-satirische Weise Aufmerksamkeit in sozialen Medien zu erzeugen.
Strafrechtlicher Schutz nach § 185 StGB bleibt möglich
Der Senat wies darauf hin, dass Angehörige der Sinti und Roma bei Vorliegen eines Strafantrags dennoch rechtlichen Schutz gegen ehrverletzende Äußerungen nach § 185 StGB (Beleidigung) genießen könnten. Ein Angriff auf die Menschenwürde, wie er für Volksverhetzung erforderlich ist, liege in diesem Fall jedoch nicht vor. Die Richter stellten klar, dass die Äußerung sich nicht auf nationalsozialistisches, menschenverachtendes Gedankengut bezieht, sondern auf eine diffamierende Ebene, die strafrechtlich als Beleidigung verfolgt werden kann.
Gegen den Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts ist kein weiteres Rechtsmittel zulässig.