
Wiesbaden, 28. August 2025 (JPD) – Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandels und Ausbeutung haben im Jahr 2024 einen neuen Höchststand erreicht. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) wurden insgesamt 576 Verfahren abgeschlossen, rund 13 Prozent mehr als im Vorjahr und so viele wie nie seit Beginn der Erfassung im Jahr 2000. Besonders stark war der Anstieg im Bereich der sexuellen Ausbeutung, in dem 364 Verfahren registriert wurden – der höchste Wert der vergangenen zehn Jahre. Auffällig sei, dass diese Form der Ausbeutung zunehmend in privaten Wohnungen stattfinde, was auf ein besonders hohes Dunkelfeld schließen lasse.
Viele Opfer stammen aus dem europäischen Ausland, zuletzt aber auch vermehrt aus China und Kolumbien. Ein großer Teil der Betroffenen sind Frauen, junge Erwachsene und Minderjährige. Häufig werden Opfer über das Internet angeworben, teils durch emotionale Abhängigkeiten, etwa über die sogenannte „Loverboy-Methode“, bei der Täter Liebesbeziehungen vortäuschen, um ihre Opfer in die Prostitution zu zwingen. Das BKA berichtet zudem von zunehmender psychischer und physischer Gewalt in diesem Zusammenhang.
Auch im Bereich der Arbeitsausbeutung sei ein neuer Höchststand erreicht worden. Betroffen sind oft Beschäftigte aus Osteuropa und Südostasien, die über Zeitarbeitsfirmen eingesetzt werden. Rund ein Drittel der Verfahren in diesem Bereich wurde von der beim Zoll angesiedelten Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) initiiert. Menschenhandel und Ausbeutung zählen laut BKA überwiegend zur Kontrollkriminalität, das heißt: Viele Verfahren werden durch gezielte Kontrollen eingeleitet, da Opfer aus Angst oder Unwissenheit häufig keinen Kontakt zu Behörden aufnehmen.
Besonders gefährdet sind Minderjährige: In über 200 Verfahren wurden Kinder und Jugendliche als Opfer registriert, darunter 195 Fälle kommerzieller sexueller Ausbeutung. Online-Portale wiesen laut BKA zu geringe Schutzmechanismen auf, was die Ausbeutung Minderjähriger über das Internet erleichtere. In zwei Fällen seien Kinder sogar online zum Kauf angeboten worden.
Tatverdächtige gehören teils Gruppierungen der organisierten Kriminalität an und agieren überwiegend international. Vor diesem Hintergrund betont das BKA die Bedeutung internationaler Polizeikooperationen sowie die Zusammenarbeit von Strafverfolgung, Justiz, NGOs und Beratungsstellen. Bereits seit 2018 leitet das BKA das Projekt THB LIBERI, das gemeinsam mit Partnern in Deutschland, Österreich und der Schweiz neue Ermittlungs- und Präventionsansätze zur Bekämpfung des Menschenhandels entwickelt. Ziel sei eine nachhaltige Bekämpfung aller Erscheinungsformen von Menschenhandel und Ausbeutung.