Gießen, 27. November 2025 (JPD) – Das Verwaltungsgericht Gießen hat mehrere versammlungsrechtliche Auflagen der Stadt Gießen für Protestaktionen gegen die Neugründung der Jugendorganisation der AfD teilweise außer Vollzug gesetzt. Drei Eilanträgen eines Veranstalters sei überwiegend stattzugeben gewesen, teilte die 10. Kammer mit. Die geplante Mahnwache und ein Protestcamp dürfen demnach an den ursprünglich vorgesehenen Orten in der Gießener Weststadt stattfinden.

Der Antragsteller hatte für den Zeitraum vom 26. November bis 1. Dezember 2025 drei Versammlungen unter dem Titel „772. Gießener Anarchietage“ angekündigt. Die Stadt Gießen hatte mit Bescheiden vom 24. November die Orte verlegt und sich dabei auf einen polizeilichen Sicherheitsbereich sowie zwingend freizuhaltende Rettungswege berufen. Zudem untersagte sie das Mitführen bestimmter Gegenstände und beschränkte Lautstärkegrenzen sowie die Zahl der Ordner.

Gericht kippt räumliche Beschränkungen teilweise

Die Kammer sah für die Mahnwache und das Protestcamp keine hinreichend konkrete Gefahrenlage, die eine Verlegung rechtfertige. Nach den Feststellungen des Gerichts seien die vorgesehenen Flächen so dimensioniert, dass keine Ausweichbewegungen auf umliegende Straßen zu erwarten seien und damit weder Rettungswege blockiert würden noch ein Eindringen in den Sicherheitsbereich drohe. Der Schutzbereich rund um die Hessenhallen, in denen die AfD-Jugendorganisation tagt, sei von den angemeldeten Versammlungsflächen nicht betroffen.

Hinsichtlich einer weiteren Kundgebung, die ursprünglich auf einem Parkplatz am Lehmweg stattfinden sollte, wies das Gericht den Eilantrag jedoch ab. Der Lehmweg zähle zu den unmittelbaren Zuwegen zur Messehalle und müsse für Rettungskräfte freigehalten werden. Aufgrund der erwarteten Teilnehmerzahl könne nicht ausgeschlossen werden, dass Teile der Versammlung auf die Straße ausweichen müssten, was eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit begründe.

Lautstärke, Ordnerzahl und Verbotskatalog teilweise bestätigt

In Bezug auf Lautstärkeregelungen und die Zahl der erforderlichen Ordner änderte das Gericht die städtischen Auflagen ab. Künftig darf der Veranstalter je 50 Teilnehmende eine Ordnerin oder einen Ordner einsetzen. Die zulässigen Dezibelwerte legte das Gericht in unterschiedlichen Zeitfenstern fest und begründete dies mit dem Schutz unbeteiligter Dritter vor Gesundheitsgefahren.

Die Verbote bestimmter Gegenstände bestätigte die Kammer hingegen. Schutzausrüstungen, Vermummungsgegenstände sowie Materialien wie Klebstoffe, Bitumen oder Farben seien geeignet, Identitätsfeststellungen zu verhindern oder Auseinandersetzungen vorzubereiten. Hier habe die Stadt rechtmäßig gehandelt.

Die Beschlüsse sind nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidungen können die Beteiligten binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.

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