
Berlin, 19. November 2025 (JPD) – Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die ordentliche Kündigung eines Beschäftigten wegen vulgär formulierter Kritik an der Schichtführung für unwirksam erklärt. Nach Auffassung der Kammer stellte die Äußerung zwar eine grobe Ausdrucksweise dar, sei jedoch nicht als persönliche Herabwürdigung der Vorgesetzten zu verstehen. Die Kündigung sei deshalb unverhältnismäßig. Mit der Entscheidung setzt das Gericht ein klares Signal zur arbeitsrechtlichen Bewertung konfliktbedingter Kommunikation am Arbeitsplatz.
Kündigung wegen „vulgärer Kritik an der Schichtführung“ unwirksam
Der Kläger war seit 2020 in einem Verteilzentrum einer Handelsgruppe beschäftigt und zuletzt in der Dauernachtschicht tätig. Bereits im Frühjahr 2024 hatte er zwei Abmahnungen erhalten. Am 24. August 2024 kam es zu einem erneuten Konflikt mit einer neuen Vorgesetzten. Diese schilderte, der Mitarbeiter habe ihre Anweisungen ignoriert, sie als „Kind“ bezeichnet und anschließend in türkischer Sprache eine grob beleidigende Aussage gemacht. Der Kläger hingegen erklärte, seine Äußerung sei missverstanden worden und habe sich sinngemäß auf den hohen Druck in der Schicht bezogen. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2024.
Mit seiner Kündigungsschutzklage blieb der Kläger zunächst erfolglos. In der Berufung nahm das Landesarbeitsgericht eine umfangreiche Beweisaufnahme vor, in der die Vorgesetzte, ein Kollege sowie der Shift Manager als Zeugen gehört wurden. Die Kammer sah zwar als erwiesen an, dass der Kläger die Äußerung im Kern so getätigt hatte, wie von der Arbeitgeberin behauptet. Zugleich ergaben die Zeugenaussagen, dass die Worte nicht als gezielte persönliche Beleidigung gemeint waren, sondern als vulgär formulierte Kritik an der Art der Schichtführung. Die Situation sei durch Konflikt und emotionalen Druck geprägt gewesen.
Unter Abwägung der Interessen beider Seiten kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine Kündigung eine unverhältnismäßige Reaktion darstellt. Die Äußerung sei zwar deutlich unangebracht, erreiche aber nicht die Schwelle, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertige. Andere arbeitsrechtliche Maßnahmen hätten ausgereicht, um die Pflichtverletzung zu sanktionieren. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Entscheidung verdeutlicht, dass der Vorwurf vulgärer Kritik an der Schichtführung nicht automatisch eine Kündigung trägt. Maßgeblich bleibt die Einordnung der Äußerung im Gesamtzusammenhang der konkreten Konfliktsituation.