
Halle (Saale), 9. Oktober 2025 (JPD) – Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland bleibt auf einem historischen Hoch. Wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) am Donnerstag mitteilte, wurden im dritten Quartal 2025 knapp 4.500 Personen- und Kapitalgesellschaften zahlungsunfähig – die zweithöchste Zahl seit zwanzig Jahren. Zwar scheint der steile Anstieg der vergangenen Monate vorerst gestoppt, doch die ökonomischen und strukturellen Belastungen bleiben erheblich.
IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten auf zweithöchstem Stand seit 2005
Laut dem aktuellen IWH-Insolvenztrend meldeten im September 2025 bundesweit 1.481 Unternehmen Insolvenz an – ein Plus von 5 Prozent gegenüber dem Vormonat und 14 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Damit liegt die Zahl der Insolvenzen um 64 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also der Zeit vor der Corona-Pandemie. Besonders betroffen waren Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Berlin.
Rund 20.000 Arbeitsplätze fielen im September den größten zehn Prozent der Insolvenzfälle zum Opfer – ein deutlicher Anstieg um 62 Prozent gegenüber August. Ursache war unter anderem die Pleite der Schlau-Gruppe, zu der die Baumarkt-Kette „Hammer“ gehört. Die Gesamtzahl der im dritten Quartal betroffenen Beschäftigten lag bei etwa 42.000 und damit leicht unter dem Vorquartal, was auf einen Trend zu kleineren Unternehmensinsolvenzen hinweist.
Im Branchenvergleich verzeichnete die Industrie einen deutlichen Rückgang um 27 Prozent, während Baugewerbe, Handel sowie freiberufliche und wissenschaftlich-technische Dienstleistungen knapp unter ihren bisherigen Höchstständen verharrten. Andere große Branchen erreichten dagegen neue Rekordwerte.
Wirtschaftliche Ursachen und rechtliche Hintergründe der Insolvenzwelle
Nach Einschätzung von Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung, resultiert die weiterhin hohe Zahl an Firmenpleiten aus einer Kombination struktureller und politisch bedingter Faktoren. Dazu zählen die Nachwirkungen der Niedrigzinspolitik, die Ausläufe staatlicher Corona-Hilfen und die schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Zwar sei der Trendanstieg zunächst gestoppt, erklärte Müller, „doch nicht, weil sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessert hätten, sondern weil die Nachholeffekte an Kraft verlieren.“
Insolvenzverfahren dienen im deutschen Wirtschaftsrecht nicht nur der Gläubigerbefriedigung (§ 1 InsO), sondern auch der Marktbereinigung. Die Insolvenzordnung (InsO) sieht dabei sowohl Regelinsolvenzverfahren für Unternehmen als auch Verbraucher- und Nachlassinsolvenzen vor. Der IWH-Insolvenztrend bezieht sich ausschließlich auf Personen- und Kapitalgesellschaften, also auf Unternehmen, die im Handels- oder Gesellschaftsrecht verankert sind und deren Insolvenz gesamtwirtschaftliche Relevanz besitzt.
Die IWH-Forscher betonen, dass der Trend als Frühindikator gilt: Die Analysen basieren auf laufenden Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte und liefern schneller Ergebnisse als die amtliche Statistik. Damit liefert der IWH-Indikator einen wichtigen Beitrag zur ökonomischen Beobachtung und Beurteilung der wirtschaftlichen Stabilität in Deutschland.