
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat entschieden, dass der Einwand unzureichender Alimentation grundsätzlich im jeweiligen Haushaltsjahr geltend gemacht werden muss, es sei denn, besondere Umstände rechtfertigen eine Ausnahme. Nur eine von vier Klagen hatte wegen einer irreführenden Bezügemitteilung aus dem Jahr 2011 Erfolg; ein Verfahren wurde dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.
Von dem allgemeinen Grundsatz, dass Beamtinnen und Beamte den Einwand der unzureichenden Alimentation grundsätzlich in dem Haushaltsjahr geltend machen müssen, für das sie eine höhere Besoldung begehren, kann nur aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls abgewichen werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Hamburg gestern entschieden.
Die als Beamtinnen und Beamten im Dienst der Stadt Hamburg stehenden Klägerinnen und Kläger der vier vor dem Verwaltungsgericht mündlich verhandelten Verfahren beriefen sich gegenüber ihrer Dienstherrin frühestens im Jahr 2020 auf eine Unteralimentation in den Jahren 2011 bis 2019. In jenem Zeitraum wurden sie nach den Besoldungsgruppen A 7 bzw. A 8 und A 10 besoldet.
Ein Klageverfahren hat das Verwaltungsgericht ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorgelegt, ob die Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 7 bzw. A 8 in Hamburg in den Jahren 2011 bis 2019 mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist. Dem betreffenden Kläger hatte die Beklagte in einer Bezügemitteilung im Jahr 2011 mitgeteilt, dass es keines eigenen Antrags oder Rechtsbehelfs bedürfe. Da der Kläger im Vertrauen auf diese Mitteilung von einer Rüge der Besoldung zunächst abgesehen und diese nach einem abweichenden Hinweis seiner Dienstherrin unverzüglich nachgeholt habe, kann ihm eine verspätete Geltendmachung nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht als treuwidriges Verhalten vorgeworfen werden (Az. 14 B 21/25).
Die anderen drei Klagen hat das Verwaltungsgericht jeweils abgewiesen. Bei einem Klageverfahren könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte auch ihr in einer Bezügemitteilung im Jahr 2011 mitgeteilt habe, dass es keines eigenen Antrags oder Rechtsbehelfs bedürfe. Denn nach der weiteren Mitteilung der Beklagten im Dezember 2020, dass sich die damalige Mitteilung allein auf die Jahre 2011 und 2012 bezogen habe, hätte sie die bis dahin unterbliebene Rüge nicht erst im Jahr 2023 nachholen dürfen (Az. 14 B 86/23). Bei den übrigen erfolglosen Klageverfahren war die vorgenannte Mitteilung in der Bezügemitteilung im Jahr 2011 bereits nicht an die jeweilige klagende Person adressiert worden. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts konnten diese daher kein schutzwürdiges Vertrauen darauf bilden, dass es in ihrem Fall keiner zeitnahen Beanstandung eines Alimentationsdefizits bedarf (Az. 14 B 7092/21 und 14 B 18/25).
Das Verwaltungsgericht hat gegen die klageabweisenden Urteile die Berufung zum Hamburgischen Oberverwaltungsgericht zugelassen. Gegen den Vorlagebeschluss ist kein Rechtsmittel gegeben.
Weitere Einzelheiten werden sich aus der Begründung des Vorlagebeschlusses und den Begründungen der klageweisenden Urteile ergeben, die derzeit noch nicht vorliegen. Eine Veröffentlichung der Entscheidungen auf der Homepage des Verwaltungsgerichts ist vorgesehen.
Hintergrund
Das Alimentationsprinzip zählt zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. Es verpflichtet den Dienstherrn, Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Diese Gewährleistung einer rechtlich und wirtschaftlich gesicherten Position bildet die Voraussetzung und innere Rechtfertigung für die lebenslange Treuepflicht sowie das Streikverbot.
Mit den gestern verhandelten Verfahren hat das Verwaltungsgericht nunmehr einen weiteren, eine große Zahl von Klagen betreffenden Themenkomplex abgeschlossen. Weitere, beim Verwaltungsgericht noch zur Entscheidung anstehende Themenkomplexe betreffen u. a. die Besoldung von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten im Zeitraum vor 2020 sowie die Versorgungsbezüge, insbesondere ab dem Jahr 2020.
VG Hamburg, 16.07.2025