
Die CDU/CSU-Fraktion würde die Steuersätze für Unternehmen anders als im gerade beschlossenen Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm (Investitions-Booster-Gesetz, 21/323) gern schon vor 2028 senken. „Es ist kein Geheimnis, dass wir als Union die Steuersätze gern schon früher sinken lassen würden, und dann auch schneller, nicht auf fünf Jahre verteilt. Ich bin aber froh, dass wir uns am Ende überhaupt auf Steuersenkungen einigen konnten, denn für die Sozialdemokraten ist das ein schwerer Weg“, sagt der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Fritz Güntzler, im Interview mit der Wochenzeitung „Das Parlament“.
Lob findet Güntzler für Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD): „Herr Klingbeil hat auch veranlasst, dass von der niedrigen Besteuerung auch Personengesellschaften profitieren, nicht nur Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Das geht sogar über den Koalitionsvertrag hinaus, und dafür bin ich dem Bundesfinanzminister äußerst dankbar. Der Finanzminister macht ernst. Er hat wohl erkannt, dass die SPD pragmatisch vorgehen muss, wenn sie bei ihren früheren Wählern wieder an Boden gewinnen will, übrigens insbesondere im Wettstreit mit der AfD.“
Das Interview im Wortlaut:
Das Parlament: Herr Güntzler, der Bundestag hat den „Investitions-Booster“ beschlossen, also steuerliche Anreize für mehr Unternehmensinvestitionen. Ist das die „Wirtschaftswende“?
Fritz Güntzler: Deutschland steckt im dritten Jahr infolge in einer wirtschaftlichen Rezession. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen liegt auf Rekordniveau. Da mussten wir gegensteuern. Es ist gut, dass die Koalition jetzt so schnell nach Antritt der neuen Regierung ein Gesetzgebungsverfahren abschließen konnte. Die Stimmung hat sich in der Wirtschaft allein schon wegen der Ankündigung dieses Gesetzes verbessert.
Das Parlament: Woran machen Sie das fest?
Fritz Güntzler: Die größte Wirkung erzielt das Gesetz über die Psychologie: Es passiert wieder etwas am Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Unternehmen, die hier sind, profitieren von höheren Abschreibungsmöglichkeiten auf ihre Gewinne. Für ausländische Investoren wird Deutschland mit der Senkung der Steuersätze für Unternehmen attraktiver. Das ist die erste Steuersatzsenkung sei 20 Jahren.
Das Parlament: Wenn Psychologie so wichtig ist: Warum dann so ein schwaches Signal, dass die Steuersätze für Unternehmen erst ab 2028 sinken?
Fritz Güntzler: Es ist kein Geheimnis, dass wir als Union die Steuersätze gern schon früher sinken lassen würden, und dann auch schneller, nicht auf fünf Jahre verteilt. Ich bin aber froh, dass wir uns am Ende überhaupt auf Steuersenkungen einigen konnten, denn für die Sozialdemokraten ist das ein schwerer Weg.
Das Parlament: Finanzminister Klingbeil (SPD) präsentiert die Maßnahmen aber mit großer Begeisterung.
Fritz Güntzler: Herr Klingbeil hat auch veranlasst, dass von der niedrigen Besteuerung auch Personengesellschaften profitieren, nicht nur Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Das geht sogar über den Koalitionsvertrag hinaus, und dafür bin ich dem Bundesfinanzminister äußerst dankbar. Der Finanzminister macht ernst. Er hat wohl erkannt, dass die SPD pragmatisch vorgehen muss, wenn sie bei ihren früheren Wählern wieder an Boden gewinnen will, übrigens insbesondere im Wettstreit mit der AfD.
Das Parlament: 2025 sind 143 Milliarden Euro neue Schulden geplant, insbesondere für Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung, aber auch für die Steuererleichterungen. Wie nachhaltig ist dieses Wachstum auf Pump?
Fritz Güntzler: Wir investieren in die Zukunft. Für einen Kaufmann ist es normal, erstmal Auszahlungsströme zu haben, und dann später hoffentlich Einzahlungsströme. Alle Volkswirte erklären uns, dass die Investitionen sich rechnen werden. Gleichwohl blicke ich auch mit großen Sorgen auf diese schwindelerregend hohen Schulden, die wir nun machen.
Das Parlament: Die Super-Abschreibung nutzt nur Unternehmen mit Gewinnen. Ökonomen plädieren deshalb für großzügigere Verlustvorträge. Werden Sie hier nachsteuern?
Fritz Güntzler: Wir fordern als Union schon lange höhere Verlustrück- und vorträge, dass also Unternehmen Verluste eines Jahres mit Gewinnen aus anderen Jahren stärker verrechnen können, um so ihre Steuerschuld über den Zeitablauf hinweg zu reduzieren. Wir haben das in den Koalitionsverhandlungen vorgeschlagen, aber die SPD bisher davon nicht überzeugen können. Ich halte das jedoch weiter für dringend geboten. Auch in der öffentlichen Anhörung haben mehrere Sachverständige dies deutlich gemacht.
Das Parlament: Warum fördern Sie mit dem Investitions-Booster-Gesetz auch E-Autos nochmal stärker steuerlich?
Fritz Güntzler: Die Abschreibung von 75 Prozent im ersten Jahr auf Elektroautos für Unternehmen ist ein super Signal für klimafreundliche Autos. Perspektivisch kommen so auch mehr E-Autos auf den Gebrauchtwagenmarkt, wovon wiederum private Käufer profitieren werden.
Das Parlament: Was halten Sie von analogen Maßnahmen für Batterien, Elektrolyseure und Stromnetze, um die Energiewende voranzubringen?
Fritz Güntzler: Wir können nicht alles subventionieren. Aber nötig sind weitere gezielte Maßnahmen, um den Umstieg auf Erneuerbare Energien voranzubringen. Inwiefern hier eine steuerliche Förderung über Abschreibung sinnvoll ist oder direkte Finanzhilfen, wird sich zeigen.
Das Parlament: Was erhoffen Sie sich von der erweiterten steuerlichen Forschungszulage?
Fritz Güntzler: Die steuerliche Forschungszulage ist eines der wichtigsten Instrumente zur Förderung der unternehmerischen Innovationskraft. Wir haben diese Förderung vor vielen Jahren in der damaligen großen Koalition eingeführt. Bedauerlicherweise ist die Zulage noch nicht überall im breiten Mittelstand angekommen. Das gilt auch für meine Kollegen in der Steuerberatung.
Das Parlament: Geklagt wird über Komplexität und Bürokratieaufwand.
Fritz Güntzler: Die Klagen kenne ich. Aber die Forschungszulage ist keineswegs komplex. Es ist für Unternehmen sehr unkompliziert, sich von der entsprechenden Stelle bescheinigen zu lassen, dass Ausgaben der Forschung dienen. In der Steuererklärung sind diese förderfähigen Aufwendungen entsprechend anzugeben. Das Finanzamt gewährt daraufhin eine Forschungszulage in Höhe von 25 Prozent der förderfähigen Ausgaben – bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sogar 35 Prozent –, die gewinnmindernd berücksichtigt und damit steuermindernd wirkt.
Das Parlament: Warum kommt die Förderung nicht an, wenn sie so einfach ist?
Fritz Güntzler: Sie kommt immer stärker an. Es ist deshalb richtig, dass wir die Bemessungsgrundlage nun auf zwölf Millionen Euro pro Jahr erhöhen, was bis zu drei Millionen Euro an Steuerrückzahlung bringen kann. Zugleich können nun auch pauschal sogenannte Gemeinkosten anteilig angerechnet werden, also etwa die Kosten von Maschinen, die nicht nur der Forschung dienen, ohne dass detailliert ausgerechnet werden muss, wie sie nun konkret anteilig für die Forschung genutzt wurden. Wir vereinfachen hier erheblich.
Das Parlament: Steuern sind das eine. Viele Firmen beklagen hohe Sozialbeiträge. Wann gehen Sie das an?
Fritz Güntzler: In der Steuerpolitik lassen sich Maßnahmen schnell umsetzen. Das war jetzt als erstes Signal wichtig. Aber in der Tat brauchen wir auch in der Sozialpolitik rasche Reformen. Denn nicht nur die Arbeitgeber bezahlen hohe Beiträge, auch die Arbeitnehmer haben immer weniger Netto vom Brutto, wenn die Sozialbeiträge steigen. Dazu kommt, dass mittlerweile ein Viertel des Bundeshaushalts in die gesetzliche Rentenversicherung fließt. Wir stützen mit Milliarden an Steuergeldern die Kranken- und Pflegekassen. Auch die Arbeitslosenversicherung ist infolge der Kurzarbeit in Problemen.
Die geplante weitere Stufe der Mütterrente wird das Ausgabenproblem aber noch weiter verschärfen.
Die Mütterrente ist eine Gerechtigkeitsfrage. Sie trägt aber in der Tat nicht zur notwendigen Reform des Sozialsystems bei.
Das Parlament: Was ist mit der Bürgergeldreform?
Fritz Güntzler: Die ist nötig. Eine Bürgergeld-Reform allein wird aber den Haushalt und den Sozialstaat nicht retten.
Das Interview führte Stephan Balling.
Fritz Güntzler ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages und finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion.
Deutscher Bundestag, 26.06.2025