
Das Bundesjustizministerium hat einen Gesetzentwurf zur besseren Abwehr sogenannter Einschüchterungsklagen (SLAPP) vorgelegt, der auf einer EU-Richtlinie basiert und darüber hinaus auch nationale Fälle erfasst. Künftig sollen Gerichte missbräuchliche Klagen zügiger abweisen und Beklagte durch Prozesskostensicherheiten und erweiterte Kostenerstattungen besser geschützt werden. Ziel ist es, die freie Meinungsäußerung und öffentliche Beteiligung vor rechtsmissbräuchlichen Angriffen zu bewahren.
Gerichte sollen bessere Möglichkeiten erhalten, mit sogenannten Einschüchterungsklagen umzugehen. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz heute veröffentlicht hat. Unter Einschüchterungsklagen werden unbegründete Klagen verstanden, die darauf abzielen, missliebige Beiträge zur öffentlichen Meinungsbildung zu unterdrücken. Sie richten sich zum Beispiel gegen Journalistinnen und Journalisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder Nichtregierungsorganisationen. Auf Englisch werden sie auch als SLAPP bezeichnet („Strategic Lawsuits Against Public Participation“). Der heute veröffentlichte Gesetzentwurf geht zurück auf die Anti-SLAPP-Richtlinie der EU, die damit ins deutsche Recht umgesetzt werden soll.
Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Dr. Stefanie Hubig erklärt dazu:
„Kritische Berichterstattung, wissenschaftliches und zivilgesellschaftliches Engagement sind für unsere Demokratie elementar. Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Stimmen mit missbräuchlichen Klagen unterdrückt werden – nur weil sie einzelnen nicht passen. Deshalb geben wir den Zivilgerichten neue Instrumente an die Hand, um Einschüchterungsklagen zu erschweren. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass solche Instrumente bitter notwendig sein können. Das Gesetz gegen Einschüchterungsklagen ist deshalb Ausdruck guter demokratischer Vorsorge: Demokratie lebt von der Diskussion und dem Austausch konträrer Ansichten.“
Der Gesetzentwurf setzt die Vorgaben der EU-Richtlinie im Wesentlichen 1:1 um. Beim Anwendungsbereich geht er jedoch in einem Punkt darüber hinaus: Die neuen Regelungen gelten nicht nur für Sachverhalte mit grenzüberschreitendem Bezug, sondern auch für rein nationale Sachverhalte.
Der Gesetzentwurf enthält spezielle Regelungen für den Umgang mit Einschüchterungsklagen. Diese Regelungen sollen dann zur Anwendung kommen, wenn mit dem Rechtsstreit unbegründete Ansprüche verfolgt werden und der Hauptzweck des Rechtsstreits darin besteht, öffentliche Beteiligung zu verhindern, einzuschränken oder zu sanktionieren. Eine öffentliche Beteiligung ist zum Beispiel die Teilnahme an einer Demonstration, die Veröffentlichung eines Artikels in einer Zeitung, ein Post in den sozialen Netzwerken oder die Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Studie.
Im Einzelnen sollen dann die folgenden Regelungen gelten:
Vorrang- und Beschleunigungsgebot
Es soll ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot für die Verhandlung und Entscheidung gelten. So wird gewährleistet, dass missbräuchliche Klagen im frühestmöglichen Zeitpunkt abgewiesen werden können, ohne den gerichtlichen Prüfungsmaßstab einzuschränken.
Verpflichtung der Klägerseite zur Leistung von Prozesskostensicherheit
Auf Antrag der Beklagten oder des Beklagten und Anordnung des Gerichts soll die Klägerin oder der Kläger verpflichtet werden können, für die voraussichtlichen Prozesskosten einschließlich der Kosten der Rechtsverteidigung der Beklagtenseite Sicherheit zu leisten.
Erweitere Erstattung Kostenerstattung
Rechtsanwaltskosten der obsiegenden Beklagtenseite sollen künftig auch über die gesetzlichen Gebührensätze hinaus erstattungsfähig sein, soweit diese Kosten üblich und angemessen sind.
Möglichkeit zu Festsetzung Sanktionsgebühr
In der Kostenentscheidung soll das Gericht der Klägerin oder dem Kläger als Sanktion eine besondere Gerichtsgebühr auferlegen können. Diese darf maximal so hoch sein wie der allgemeine Gebührensatz des Verfahrens.
Veröffentlichungspflicht von Entscheidungen
Für Entscheidungen von Gerichten in zweiter und dritter Instanz soll eine Veröffentlichung verpflichtend werden. Die Veröffentlichung soll elektronisch und leicht zugänglich sowie anonymisiert oder pseudonymisiert erfolgen.
Der Entwurf wurde heute an die Länder und Verbände verschickt und auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 1. August 2025 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden ebenfalls auf der Internetseite veröffentlicht.
Der Gesetzentwurf sowie weitere Informationen zum Gesetzentwurf sind hier abrufbar.
BMJV, 20.06.2025