
Karlsruhe, 1. Dezember 2025 (JPD) – Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat entschieden, dass die Einstufung Georgiens als sicherer Herkunftsstaat derzeit nicht mit EU-Recht vereinbar ist. In zwei am 14. November 2025 mündlich verhandelten Verfahren wiesen die Richter die Asylklagen georgischer Staatsangehöriger ab, hoben jedoch das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot auf. Die Urteile betreffen insbesondere die Rechtsfrage der Einstufung Georgiens nach europäischen Standards und ihre Auswirkungen auf laufende Asylverfahren.
Einstufung Georgiens als sicherer Herkunftsstaat gekippt
Die Kläger waren 2022 nach Deutschland eingereist und hatten Asyl beantragt. Das BAMF hatte ihre Anträge im Mai 2025 abgelehnt, da Georgien als sicherer Herkunftsstaat eingestuft war. Diese Einordnung führte nach deutschem Recht dazu, dass Asylanträge in der Regel als offensichtlich unbegründet abgewiesen werden und die Betroffenen mit einer kurzen Ausreisefrist konfrontiert werden. Zusätzlich verfügte das BAMF Einreise- und Aufenthaltsverbote, um mögliche Abschiebungen abzusichern.
Die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts, eine auf Asylrecht spezialisierte Abteilung, äußerte bereits in früheren Eilverfahren ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einstufung. In einem Fall wurde dem Eilantrag stattgegeben, wodurch die Ausreisefrist auf 30 Tage nach Abschluss des Asylverfahrens verlängert wurde. In dem anderen Verfahren blieb die ursprüngliche Ausreisefrist von einer Woche bestehen.
In den nun veröffentlichten Urteilen bestätigte die Kammer, dass die Kläger in Georgien keiner individuellen Verfolgungsgefahr ausgesetzt sind und daher die Asyl- bzw. Flüchtlingsanträge abgewiesen werden. Gleichzeitig stellte das Gericht jedoch fest, dass die gesetzliche Einordnung Georgiens als sicherer Herkunftsstaat nach EU-Recht unzulässig ist. Grundlage dieser Entscheidung sind Urteile des Europäischen Gerichtshofs aus Oktober 2024 (C-406/22) sowie August 2025 (C-758/24 und C-759/24). Die Einstufung sei nur zulässig, wenn das gesamte Staatsgebiet als sicher gilt. Abchasien und Südossetien seien davon ausgenommen, weshalb die EU-rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Das BAMF verfügte zuvor für die Kläger ein zehnmonatiges Einreise- und Aufenthaltsverbot, das nun von der Kammer aufgehoben wurde. Ein anderes, auf mögliche Abschiebungen bezogenes Verbot von 30 Monaten blieb dagegen bestehen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig; die Beteiligten können innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg beantragen.