
Die Justizministerinnen und Justizminister von Bund und Ländern haben sich am 5. Juni 2025 in Bad Schandau zu ihrem sechsten Bund-Länder-Digitalgipfel getroffen. Im Fokus des Treffens stand die Fortführung der gemeinsamen Aktivitäten von Bund und Ländern für die weitere Digitalisierung der Justiz im Rahmen eines neuen Pakts für den Rechtsstaat. Verabschiedet wurde eine gemeinsame Erklärung zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Justiz. Mit der Erklärung betonen die Ministerinnen und Minister, dass der Einsatz von KI großes Potenzial für Effizienzsteigerungen und die Optimierung von Geschäftsprozessen in der Justiz birgt. Gleichzeitig kann Rechtssuchenden der Kontakt mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften erleichtert werden. Die Erklärung bekennt sich zum Einsatz von menschenzentrierten und vertrauenswürdigen KI-Systemen in der Justiz. Einigkeit besteht zugleich darin, dass die endgültige Entscheidungsfindung stets eine von Menschen gesteuerte Tätigkeit bleiben muss.
Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Dr. Stefanie Hubig erklärt: „Nur mit einer konsequenten Digitalisierung erhalten wir die Handlungsfähigkeit der Justiz – und stärken damit den Rechtsstaat. Mit dem Digitalgipfel setzen Bund und Länder ein klares und gemeinsames Zeichen für eine moderne, zukunftsfeste Justiz. Wir sind uns einig: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz kann auch in der Justiz eine große Unterstützung sein – darunter Routineaufgaben, die Bewältigung von Massenverfahren und die Analyse von großen Datenmengen. Und gleichzeitig gilt immer: KI kann menschliche Entscheidungen in der Justiz nicht ersetzen. Die Justiz funktioniert nur mit den Menschen, die sie täglich tragen. Es geht mit einem neuen Pakt für den Rechtsstaat perspektivisch auch um die Fortsetzung gemeinsamer Digitalisierungsprojekte.“
Prof. Constanze Geiert, Sächsische Staatsministerin der Justiz,erklärt: „Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird zunehmend ein fester Bestandteil von Arbeitsprozessen – sowohl in der Wirtschaft als auch im Alltag vieler Menschen in Deutschland sein. Es ist daher gut, dass wir als Länder mit dem Bund nun gemeinsam eine KI-Strategie für die Justiz vorgelegt haben. Künstliche Intelligenz bietet für die Justiz enorme Potentiale, von der zu allererst die Bürgerinnen und Bürger profitieren sollen. Eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit aller Landesjustizverwaltungen und des Bundes in diesem Bereich ist ein erster wichtiger Schritt, um diese Potentiale zu heben. Das gemeinsame Vorgehen minimiert zudem die Risken und schafft Klarheit zu den Grenzen eines KI-Einsatzes in der Justiz. Wichtig ist mir aber zu betonen: Es wird auch in Zukunft keinen KI-Richter geben. Die letztverbindlichen Entscheidungen insbesondere in der Justiz bleiben ausschließlich Menschen anvertraut.“
Anna Gallina, Senatorin und Präses der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg, erklärt: „Die Digitalisierung der Justiz ist ein zentraler Baustein für einen modernen Rechtsstaat. Bund und Länder arbeiten unter Beteiligung der Praxis an effektiven und effizienten Lösungen und einer KI-Kompetenz in der Justiz. Beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz setzen wir gemeinsam ein klares Zeichen. KI kann die Justiz effizienter und bürgerfreundlicher machen, indem sich wiederholende Aufgaben automatisiert, Bearbeitungsschritte erleichtert und der Zugang zum Recht für alle vereinfacht werden. Gleichzeitig bleibt die Verantwortung für Entscheidungen immer beim Menschen. Vertrauen und Transparenz sind dabei unsere obersten Prinzipien.“
Georg Eisenreich, Staatsminister der Justiz des Freistaats Bayern,erklärt: „Die Menschen erwarten zu Recht eine moderne, schnelle und bürgernahe Justiz. Deshalb möchte ich allen Kommissionsmitgliedernder auf bayerische Initiative eingesetzten Reformkommission zum Zivilprozess der Zukunft für ihren großen Einsatz und für ihrenumfassenden und überzeugenden Abschlussbericht danken.Besonders freut mich, dass in der Kommission viele Vertreterinnen und Vertreter der Praxis u. a. aus Richterschaft, Anwaltschaft, Wirtschaft und Wissenschaft mitgewirkt haben. Eine Wegbeschreibung zu einer Ziviljustiz im digitalen Zeitalter liegt nun auf dem Tisch. Ideen und Vorschläge aus dem Abschlussbericht sind bereits in den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung eingeflossen und die Umsetzung verschiedener Empfehlungen hat bereits begonnen. Wir müssen die Chancen der Digitalisierung nutzen und Tempo machen. Ich freue mich auch, dass der Koalitionsvertrag die Einsetzung einer Reformkommission für eine Modernisierung des geltenden Strafverfahrensrechts vorsieht.“
Die Digitalgipfel der Justizministerinnen und Justizminister von Bund und Ländern haben das Ziel, die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Bereich der Digitalisierung weiter zu verbessern und die Digitalisierung der Justiz gemeinsam strategisch zu planen. Der Bund-Länder-Digitalgipfel trat das erste Mal im März 2023 zusammen und findet mindestens einmal pro Jahr anlässlich der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister (JuMiKo) statt. Beim heutigen Treffen ging es insbesondere um folgende Themen:
Digitalsäule eines neuen Pakts für den Rechtsstaat
Die erfolgreiche Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der Digitalisierung der Justiz in den letzten Jahren soll in der neuen Legislaturperiode als tragende Säule eines neuen Pakts für den Rechtsstaat fortgesetzt und ausgebaut werden. Im Rahmen dieser Digitalsäule wird der Bund erneut in erheblichem Umfang Mittel aufwenden, um gemeinsam mit den Ländern Digitalisierungsvorhaben voranzutreiben, von denen die gesamte Justiz profitiert, indem der Zugang zum Recht verbessert und die Arbeit in den Gerichten und Staatsanwaltschaften effizienter und attraktiver wird.
Gemeinsame KI-Strategie von Bund und Ländern für die Justiz
Bund und Länder haben in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe unter Federführung von Baden-Württemberg eine übergreifende KI-Strategie für die Justiz erarbeitet. Die Strategie definiert Ziele für den Einsatz von KI und sieht hierfür verschiedene Maßnahmen mit einem konkreten Umsetzungsfahrplan vor. Ziele der KI-Strategie sind eine zugleich zukunftsweisende und wirtschaftliche Unterstützung der Geschäftsprozesse der Justiz, die Verbesserung des Zugangs zum Recht und die Förderung von Innovationen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Bund und Länder sind sich einig, dass diese Ziele am besten gemeinsam erreicht werden können und dass KI-Systeme in der Justiz miteinander geteilt werden sollen. Dabei gilt es auch, die Risiken und Grenzen des Einsatzes von KI in der Justiz im Blick zu behalten. Die Entscheidung muss am Ende immer ein Mensch treffen und die Verantwortung tragen.
Die heutige Erklärung fasst die wesentlichen Ziele und Maßnahmen der Strategie zusammen. Zuvor hatte sich bereits im April der E-Justice-Rat, das Gremium der Amtschefinnen und Amtschefs der Justizverwaltungen des Bundes und der Länder, mit der KI-Strategie befasst. Die KI-Strategie stellt ihrerseits ein Vorhaben im Rahmen derDigitalisierungsinitiative für die Justiz dar.
Die Justiz in Deutschland setzt schon heute in verschiedenen Bereichen Anwendungen auf Basis von KI ein und wird diesen Bereich mit der KI-Strategie zielgerichtet und koordiniert ausbauen. Derzeit wird der Einsatz von KI-Systemen in der Justiz in mehreren Projekten vorangetrieben, die zum Teil auch aus den Mitteln des Bundes für die Digitalisierungsinitiative für die Justiz finanziert werden (www.bmjv.de/digitalisierungsinitiative).
Die gemeinsame Erklärung der Justizministerinnen und Justizminister von Bund und Ländern zum Einsatz von KI finden Sie hier und die KI-Strategie der Justiz ist hier abrufbar.
Reformkommission „Zivilprozess der Zukunft“
Die Reformkommission hat das zivilprozessuale Verfahrensrecht insbesondere vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung überprüft und am 30. Januar 2025 ihren Abschlussbericht mit konkreten Handlungsempfehlungen zur Modernisierung des Zivilprozesses vorgelegt. An der Kommission waren neben dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und den Landesjustizverwaltungen auch Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Anwaltschaft, gerichtlicher Praxis sowie wichtiger Interessengruppen beteiligt. Die Ministerinnen und Minister sind sich einig, dass der umfassende Einsatz digitaler Werkzeuge zentrale Voraussetzung für einen modernen und bürgernahen Zivilprozess ist. Bereits begonnene Maßnahmen sollen fortgeführt und weiterentwickelt werden – etwa die Entwicklung eines Bund-Länder-Justizportals, die Erprobung einer bundeseinheitlichen Kommunikationsplattform sowie die Erprobung eines Online-Verfahrens. Zudem bitten die Ministerinnen und Minister den E-Justice-Rat, die technischen Handlungsempfehlungen auf Umsetzbarkeit und Aufwand zu prüfen, um die Ergebnisse in die strategische Planung einfließen lassen zu können.
Den vollständigen Abschlussbericht zum „Zivilprozess der Zukunft“ finden Sie hier.
Bundeseinheitliche Justizcloud
Bereits beim Digitalgipfel im November 2024 wurde das Ziel einer gemeinsamen Cloud-Infrastruktur für justizbezogene IT-Anwendungen von Bund und Ländern besprochen. Die bundeseinheitliche Justizcloud war auch Gegenstand des heutigen Treffens. Noch in diesem Jahr soll im Rahmen eines Folgeprojekts deren Aufbau starten. Der Sitz des Aufbaustabes ist dabei in Baden-Württemberg angesiedelt, das die Leitung des Aufbaustabes übertragen bekommen hat.
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.
BMJ, StMJ, 05.06.2025