Bei der ab Donnerstag stattfindenden Frühjahrskonferenz der Justizminister:innen und -senatorinnen (JuMiKo) sprechen sich Bayern und Baden-Württemberg für die Einführung einer biogeografischen Herkunftsanalyse bei der Auswertung von DNA-Spuren aus. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) kritisiert diesen Vorstoß: Ein Erkenntnisgewinn sei dadurch nicht zu erwarten – eine steigende Diskriminierung von Menschengruppen und Ethnien dagegen umso mehr. Bei der StPO-Reform 2019 wurde dieses Instrument regierungsseitig bereits als untauglich und gefährlich bewertet.

Per biogeographischer Herkunftsanalyse aus DNA-Spuren einen Täter finden: Was nach aufregender Zukunftstechnologie klingt, ist in der Praxis kaum aussagekräftig, dafür umso mehr zum Schüren rassistischer Ressentiments geeignet. Der DAV lehnt die Verankerung der biogeographischen Herkunftsanalyse in der StPO daher ab. „Wir warnen eindringlich vor der Einrichtung ethnisierender Datenbanken ohne ermittlungstaktischen Gewinn, aber mit potenzieller Prangerwirkung“, betont DAV-Präsident Stefan von Raumer, anlässlich des Deutschen Anwaltstags 2025.

Heutzutage können bereits kleinste biologische Spuren sequenziert werden. „Der Beweiswert einer DNA-Spur ist daher – im Gegensatz zum popkulturellen Image aus Film und Fernsehen – in der Realität sehr vom Einzelfall abhängig und nur in einer Gesamtschau zu beurteilen“, erläutert der Rechtsanwalt.

Auch inhaltlich sei der Erkenntnisgewinn überschaubar: „Solche Analysen haben wenig gemein mit den Tests, die für Privatpersonen im Internet zur Ahnenforschung angeboten werden – und die dann für eine gute Probe unter Umständen sehr konkrete Ergebnisse wie ‚50 Prozent Polnisch, 34 Prozent Italienisch und 16 Prozent Schwedisch‘ produzieren. Wir reden hier von maximal sieben Kontinentalregionen, die bei Tatortspuren herauskommen können. Wir erfahren also allenfalls, dass die Vorfahren des Verdächtigen beispielsweise aus Europa stammen, aus Afrika, Amerika oder Ostasien“, so von Raumer.

Mit der StPO-Reform von 2019 wurden „erweiterte DNA-Analysen“ auf Augen-, Haar und Hautfarbe eingeführt – und damit erstmals eine Analyse der sogenannten codierenden Sequenzen der DNA. Der DAV hatte bereits diese Pläne kritisiert und von einem Paradigmenwechsel mit großer Diskriminierungsgefahr gesprochen. Die damalige Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hatte sich damals gegen die Ausweitung auf die kontinentale Herkunft ausgesprochen – da dies ermittlungstaktisch nicht weiterhelfe, dafür aber die Gefahr bestehe, dass „größere Gruppen an den Pranger gestellt werden“.

Die Gefahr, dass derartige kontinentale Herkunftsanalysen zur Diskriminierung von Gruppen und Ethnien führen, ist im gegenwärtigen gesellschaftlichen Klima eher noch gestiegen. Die Einwände müssen daher umso dringlicher gelten.

DAV, 03.06.2025

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