
Anlässlich der anstehenden Satzungsversammlung plädiert der Deutsche Anwaltverein (DAV) für eine Reform im Rahmen der Fachanwaltschaft: Konkret geht es um die Verlängerung des Nachweiszeitraums für die praktische Fallbearbeitung von drei auf fünf Jahre. Dies sei nicht nur aufgrund generell veränderter Lebens- und Berufsrealitäten geboten. Auch die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern sei ein bedeutsamer Faktor des Phänomens, dass Rechtsanwältinnen seltener Fachanwaltstitel erwerben. Durch eine Verlängerung könne man hier positiv gegensteuern.
Ein Fachanwaltstitel erfordert nach der Fachanwaltsordnung (FAO) neben theoretischen Kenntnissen und entsprechenden Prüfungsleistungen auch eine Bearbeitung einer bestimmten Anzahl von Fällen innerhalb eines Regelzeitraumes von drei Jahren. Mit Blick auf die moderne, flexiblere Ausgestaltung der anwaltlichen Berufsausübung – Teilzeitmodelle, familiär bedingte Auszeiten – und allgemein gesunkene Fallzahlen ist die aktuelle Frist nach Auffassung des DAV nicht mehr zeitgemäß.
„Wir haben zum einen gesellschaftlich akzeptierte Unterbrechungen – mittlerweile für alle Geschlechter – wenn Nachwuchs oder Pflege ansteht. Zugleich beobachten wir aber auch einen generellen Rückgang der Fälle bei zugleich steigendem Aufwand pro Mandat“, erläutert Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Gasteyer, Vorsitzender des DAV-Ausschusses Berufsrecht die veränderten Verhältnisse.
Es betrifft alle – aber nicht alle gleich
Sorgearbeit, Mental-Load: In der Lebenswirklichkeit bleibt der deutlich überwiegende Teil der unsichtbaren und unbezahlten Arbeit an Frauen hängen. Erwerbstätigkeit findet folglich häufiger in Teilzeit statt. Und selbst bei Vollzeittätigkeit bleibt durch die Mehrfachbelastung bei den weiblichen Berufsträgerinnen deutlich weniger Luft für berufliche Extras.
Denn obwohl Rechtsanwältinnen weitaus häufiger als ihre männlichen Kollegen in kleinen und mittleren Kanzleien tätig sind, in denen Fachanwaltstitel besonders oft vorkommen, sind sie bei den Fachanwaltschaften weiterhin unterrepräsentiert. Die bestehenden Härtefallregelungen reichen offenbar nicht aus, um dies auszugleichen.
Aus 3 mach 5
Der DAV hält eine Verlängerung von drei auf fünf Jahre für sinnvoll und sachgerecht. „Das verschafft den Betroffenen mehr Luft und senkt die Zugangshindernisse. Wir gehen auch nicht davon aus, dass der Maximalzeitraum von allen ausgenutzt wird, denn am Ende haben die Kolleginnen und Kollegen ja ein wirtschaftliches Interesse daran, schnellstmöglich die Fachanwaltschaft zu erwerben“, so Gasteyer.
Ein Qualitätsverlust ist nach Überzeugung des DAV durch die Verlängerung des Nachweiszeitraumes
nicht zu befürchten: Die Gesamtzahl der nachzuweisenden Fälle bleibe gleich; und die Erinnerungen und Erfahrungen seien auch nach fünf Jahren noch hinreichend präsent.
Die Verlängerung in besonderen Fällen (§ 5 Abs. 3 FAO) soll als Härtefallklausel daneben bestehen bleiben. Die grundsätzliche Verlängerung des Nachweiszeitraums hätte aber für die Kammern den Vorteil, dass sich die besondere Prüfung von Härtefällen in vielen Fällen erübrigte.
Die Satzungsversammlung ist Satzungsgeber für die FAO, § 59a Abs. 2 Nr. 2 BRAO. Die Sitzung findet am 26. Mai 2025 in Berlin statt.
DAV, 22.05.2025