Die Bahn scheitert endgültig mit ihrer Klage gegen das Land und die Stadt Stuttgart auf Übernahme zusätzlicher Milliardenkosten für das Projekt Stuttgart 21. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigte, dass es keinen Anspruch auf eine Vertragsanpassung über den vereinbarten Finanzierungsrahmen hinaus gibt.

    Der 14. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) hat mit heute bekannt gegebenem Beschluss vom 1. August 2025 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. Mai 2024 abgelehnt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart ist damit bestätigt und rechtskräftig.

    Sachverhalt

    Die Deutsche Bahn AG und zwei ihrer Eisenbahninfrastrukturunternehmen (im Folgenden: die Bahn) hatten vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart das Land Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart, den Regionalverband Region Stuttgart und den Flughafen Stuttgart (im Folgenden: die Beklagten) jeweils auf Übernahme von weiteren Mehrkosten für das Projekt Stuttgart 21 (S 21) in Anspruch genommen, die über den vertraglich am 02.04.2009 vereinbarten Finanzierungsrahmen von rund 4,5 Mrd. Euro hinausgingen. Konkret wollte die Bahn Zusagen über weitere 4,7 Mrd. Euro, während sie selbst gut 2,5 Mrd. Euro zu tragen bereit war. Dabei wurde von Gesamtkosten von ca. 11,8 Mrd. Euro ausgegangen.

    Das Verwaltungsgericht hat die Klage am 7. Mai 2024 abgewiesen (Az. 13 K 9542/16). Begründet hat es die Klageabweisung insbesondere damit, dass der Finanzierungsvertrag die Zuschüsse der Beklagten auf ca. 4,5 Mrd. Euro begrenzte und für den Fall sog. weiterer Mehrkosten lediglich die Aufnahme von Gesprächen vereinbart worden war (sog. „Sprechklausel“). Aus einer solchen Vereinbarung von Gesprächen folge nur ein Anspruch auf Gespräche, nicht aber der geltend gemachte Anspruch auf eine Vertragsanpassung. Anderweitige Ansprüche aus sog. ergänzender Vertragsauslegung und sog. Störung der Geschäftsgrundlage scheiterten auch daran, dass die Vertragsparteien sich bei Vertragsschluss darin einig gewesen seien, dass gerade keine einfache Fortschreibung anhand eines im Vertrag vereinbarten Verteilungsschlüssels erfolgen würde, sondern dass das weitere Vorgehen in Gesprächen geklärt werden sollte (siehe dazu ausführlich die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. Mai 2024. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung nicht zugelassen.

    Den dagegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung vom 25. Oktober 2024 hat der VGH nunmehr abgelehnt.

    Entscheidungsgründe

    Zur Begründung hat der 14. Senat des VGH (sogenannter Infrastruktursenat) ausgeführt, die Bahn habe keine Gründe, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, dargelegt. Nach dem Vortrag der Bahn bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, der Rechtsstreit weise keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf und die geltend gemachten Verfahrensfehler lägen nicht vor. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart ist damit rechtskräftig. 

    Im Einzelnen:

    Die Bahn hatte unter anderem geltend gemacht, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Auslegung des Finanzierungsvertrags nicht ausreichend berücksichtigt habe, dass sie zwar vertraglich zur Fertigstellung, aber keine der Vertragsparteien zur Finanzierung der sog. „weiteren Mehrkosten“ verpflichtet sei. Von dieser Vertragsauslegung ausgehend hätte das Verwaltungsgericht stärker die Gefahr in den Blick nehmen müssen, dass es zu einem dauerhaften Projektstillstand bzw. zu einem ungeordneten Projektabbruch mit untragbaren Konsequenzen zu kommen drohe, wenn das Land sich nicht an der Finanzierung der weiteren Mehrkosten beteiligt. Dieser Argumentation ist der Senat nicht gefolgt. Denn der Bahn sei es entgegen ihrer Auffassung rechtlich nicht verwehrt gewesen, die Verwirklichung des Projekts S 21 nach Ausschöpfung des Finanzierungsrahmens abzubrechen. Im Fall der endgültigen Aufgabe nach Beginn der Durchführung des Vorhabens hätte die Bahn als Trägerin des Vorhabens planfeststellungsrechtlich aber dazu verpflichtet werden können, zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer den früheren Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, dass dauerhaft keine brauchbare Bahninfrastruktur in der Stuttgarter Innenstadt zur Verfügung gestanden hätte, habe deshalb nicht bestanden. Auch tatsächliche Gesichtspunkte habe die Bahn nicht ausreichend berücksichtigt. Faktisch habe gegen einen Abbruch schon früh gesprochen, dass sie den Abbruch und eine Wiederherstellung selbst hätte finanzieren müssen und dass sie wohl auch die ihr bereits gewährte Förderung hätte zurückzahlen müssen. Als Trägerin des Vorhabens sei sie originär für die Finanzierung verantwortlich.

    Eine die Zulassung der Berufung rechtfertigende besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache hat der Senat ebenfalls verneint. Der Fall, bei dem es im Wesentlichen um den Finanzierungsvertrag gehe, sei insgesamt übersichtlich gelagert. Insbesondere, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts beinahe 200 Seiten umfasse, sei nicht Ausdruck einer besonderen Schwierigkeit, sondern von umfangreichem Beteiligtenvorbringen und einer besonderen Sorgfalt der Kammer des Verwaltungsgerichts. 

    Hinweis:  Der Beschluss ist unanfechtbar (14 S 1737/24).

    VGH Baden-Württemberg, 05.08.2025

    Cookie Consent mit Real Cookie Banner