Der 10. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteil vom 11. Oktober 2023 (Az.: 10 LC 117/22) die Berufung des Rates der Landeshauptstadt Hannover gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 14. Oktober 2022 (Az.: 1 A 1279/22) zurückgewiesen, mit dem dieses den Rat verpflichtet hatte, die Besetzung der Sitze in mehreren Ausschüssen nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren vorzunehmen.

Der Niedersächsische Gesetzgeber hat kurz nach der Kommunalwahl in Niedersachsen am 12. September 2021 eine Änderung der Regelungen über die Verteilung der Sitze in den Ausschüssen dahingehend beschlossen, dass diese nicht mehr nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren, sondern grundsätzlich nach dem Höchstzahlverfahren nach d’Hondt zu erfolgen hat. Letzteres begünstigt tendenziell die größeren Parteien. In der konstituierenden Sitzung des Rates der Landeshauptstadt am 4. November 2021 stellte unter anderem die hier klagende FDP-Fraktion des Rates den Antrag, zu beschließen, die Sitzverteilung weiterhin nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren vorzunehmen. Bei den Abstimmungen über den Antrag stimmten hinsichtlich des Verwaltungsausschusses 15 Abgeordnete mit „Ja“, bezüglich der weiteren Ausschüsse 10 Abgeordnete. Jeweils 49 Abgeordnete enthielten sich. Daraufhin wurde festgestellt, dass die Anträge abgelehnt worden seien, da es an der erforderlichen Einstimmigkeit fehle. Die Besetzung des Verwaltungsausschusses sowie der weiteren Ausschüsse erfolgte sodann nach dem d’Hondt-Verfahren.

Der hiergegen gerichteten Klage der FDP-Fraktion des Rates der Landeshauptstadt hat das Verwaltungsgericht Hannover am 14. Oktober 2022 stattgegeben und den Rat verpflichtet, die Besetzung der Sitze im Verwaltungsausschuss und bestimmten weiteren Ausschüssen nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren vorzunehmen.

Der 10. Senat hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit seinem heutigen Urteil bestätigt und die dagegen gerichtete Berufung des Rates zurückgewiesen. Enthaltungen stünden der nach § 71 Abs. 10 NKomVG erforderlichen Einstimmigkeit nicht entgegen. Denn maßgeblich sei die Einheitlichkeit der abgegebenen Stimmen, zu denen Enthaltungen nicht zählten. Die Stimmberechtigten enthielten sich in diesem Fall ihrer Stimme in dem Sinne, dass sie gerade keine Stimme abgäben. Enthaltungen seien damit nicht als Gegenstimmen zu werten. Dieses Verständnis werde auch dem Sinn und Zweck des Einstimmigkeitserfordernisses des § 71 Abs. 10 NKomVG, dem Minderheitenschutz, gerecht, da bereits ein Abgeordneter die Abweichung von dem gesetzlich vorgesehen Verfahren verhindern könne, indem er mit „Nein“ stimme.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

(c) Nds. OVG, 16.10.2023

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