
Stuttgart, 22. Dezember 2025 (JPD) – Der 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat einen 29-jährigen syrischen Staatsangehörigen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland verurteilt. Das Gericht wendete Jugendstrafrecht an und verhängte als Zuchtmittel 350 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Der Angeklagte hatte sich als Minderjähriger der Gruppierung „Katibat Abu Bakr al-Siddiq“ in Syrien angeschlossen.
Nach den Feststellungen des Senats war der Angeklagte in den Jahren 2013 und 2014 Mitglied der terroristischen Vereinigung. Die „Katibat Abu Bakr al-Siddiq“ war im Frühjahr 2012 in der syrischen Provinz Deir ez-Zor gegründet worden und verstand sich als Teil des bewaffneten Aufstands gegen das Assad-Regime. Die Gruppierung verfügte über bewaffnete Kämpfer und schwere Waffen und beteiligte sich an Kampfhandlungen gegen syrische Regierungstruppen.
Beteiligung an Kampfhandlungen im syrischen Bürgerkrieg
Der Angeklagte schloss sich der Vereinigung im Spätsommer oder Herbst 2013 im Alter von 17 Jahren als Kämpfer an. Nach den Urteilsfeststellungen versah er unter anderem Wachdienste an einem von Rebellen kontrollierten Ölfeld und nahm an Gefechten um den Militärflughafen von Deir ez-Zor teil. Zudem war die Vereinigung in die Vorbereitung von Sprengstoffanschlägen eingebunden, bei denen der Tod gegnerischer Personen zumindest billigend in Kauf genommen wurde. Eine tatsächliche Ausführung dieser Anschläge konnte jedoch nicht festgestellt werden.
Mit dem Vorrücken des sogenannten „Islamischen Staates“ im Juni 2014 löste sich die Gruppierung auf. Der Angeklagte verlor im weiteren Verlauf des Syrienkonflikts ein Bein und lebt seit Ende 2015 straffrei in der Bundesrepublik Deutschland.
Anwendung von Jugendstrafrecht wegen Tatzeit und Aufklärungshilfe
Der Senat berücksichtigte bei der Strafzumessung insbesondere das jugendliche Alter des Angeklagten zur Tatzeit sowie dessen Geständnis und umfangreiche Aufklärungshilfe. Vor diesem Hintergrund hielt das Gericht Zuchtmittel nach dem Jugendstrafrecht für ausreichend. Eine Freiheitsstrafe wurde nicht verhängt.
Das Verfahren wurde seit dem 11. September 2025 an zehn Verhandlungstagen geführt. Dabei vernahm der Senat mehrere Zeugen und einen Sachverständigen und wertete umfangreiches Bild- und Videomaterial aus dem syrischen Bürgerkrieg aus.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Eine Revision zum Bundesgerichtshof kann binnen einer Woche nach der Verkündung eingelegt werden.