
Karlsruhe, 11. Dezember 2025 (JPD) – Der Bundesgerichtshof hat dem Insolvenzverwalter zweier Wirecard-Gesellschaften weitreichende Auskunfts- und Einsichtsrechte gegenüber einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zugesprochen. Mit Urteil vom Donnerstag bestätigte der III. Zivilsenat entsprechende Ansprüche zu Prüfungsunterlagen und Handakten aus den Jahren 2016 bis 2019 sowie zur forensischen Sonderuntersuchung „Projekt Ring“ (Az. III ZR 438/23). Teilweise wies das Gericht die Klage jedoch wegen Verjährung zurück.
BGH stärkt Einsichtsrechte des Insolvenzverwalters in Wirecard-Handakten
Der Insolvenzverwalter der Wirecard AG i.L. und der Wirecard Technologies GmbH i.L. hatte Einsicht und Auskunft über sämtliche Handakten der langjährigen Abschlussprüferin verlangt. Dazu gehörten Unterlagen aus der regulären Abschlussprüfung sowie aus einer 2016 begonnenen, später abgebrochenen Sonderuntersuchung zur Aufklärung von Unregelmäßigkeiten bei einer Unternehmensakquisition. Streit bestand zudem über Fragen zur Prüfung des Konzernabschlusses 2016 und über die Pflicht der Prüferin, die Vernichtung der Akten zu unterlassen.
Der BGH entschied, dass der Verwalter auf Grundlage von § 675 Abs. 1 und § 666 BGB in Verbindung mit § 80 InsO Auskunft über den Inhalt der Handakten und Einsicht in diese verlangen kann, soweit es die Geschäftsjahre 2016 bis 2019 betrifft. Der Senat bestätigte, dass weder das Wirtschaftsprüfer- noch das Handels- oder Gesellschaftsrecht eine abschließende Sonderregelung beinhalten, die den Rückgriff auf die allgemeinen Auskunftspflichten ausschließt. Eingrenzungen, die das Berufungsgericht vorgenommen hatte – etwa der Ausschluss interner Arbeitspapiere oder vertraulicher Notizen – hielt der Senat wegen unzureichenden Vortrags der Beklagten nicht aufrecht.
Hinsichtlich der Prüfungsunterlagen zu den Jahren 2014 und 2015 verneinte der BGH hingegen weitere Rechte: Die Ansprüche seien verjährt. Auch der Antrag, die Prüferin zur Unterlassung der Vernichtung der Handakten zu verpflichten, blieb ohne Erfolg, weil es an einer konkreten Begehungsgefahr fehle.
Die Entscheidung betrifft einen zentralen Komplex der Aufarbeitung des Wirecard-Skandals, insbesondere der Rolle der Wirtschaftsprüfer und der Dokumentation von Prüfungshandlungen in den Jahren vor dem Zusammenbruch des Konzerns im Sommer 2020.