
Das Bundesverfassungsgericht hat ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von § 50d Abs. 10 EStG eingestellt, da die Richtervorlage des Bundesfinanzhofs formalen Anforderungen nicht genügte. Die Vorlage bezog sich auf die umstrittene steuerliche Vorrangregelung gegenüber Doppelbesteuerungsabkommen, war jedoch im Ausgangsverfahren nicht entscheidungserheblich.
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts das Verfahren zu einer Richtervorlage des Bundesfinanzhofs eingestellt. Die Richtervorlage betraf mit der Regelung des § 50d Abs. 10 Einkommensteuergesetz (EStG) eine Vorschrift aus dem internationalen Steuerrecht. Gegenstand dieser Bestimmung ist die steuerliche Behandlung von Einkünften, die aus einer grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehung zwischen einer Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter erzielt werden. Für diese Einkünfte überschreibt der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 50d Abs. 10 EStG einseitig anderslautende Bestimmungen in den vom deutschen Staat geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen. Die im Jahr 2008 eingeführte und im Jahr 2013 nachgebesserte Regelung findet in allen offenen Fällen und damit auch auf bereits abgeschlossene Sachverhalte Anwendung.
Der I. Senat des Bundesfinanzhofs hielt dieses Vorgehen in einem das Jahr 2000 betreffenden Verfahren hinsichtlich des mit der Italienischen Republik bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens (BGBl II 1990, 743 ff.) für verfassungswidrig. Dementsprechend setzte er das bei ihm anhängige Verfahren mit Beschluss vom 11. Dezember 2013 aus und holte – entsprechend seinem Vorgehen in weiteren Verfahren aus dieser Zeit – eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sowohl über die Verfassungsmäßigkeit des in § 50d Abs. 10 EStG vorgesehenen Treaty Override selbst als auch dessen Einführung und Nachbesserung jeweils mit Wirkung für die Vergangenheit ein.
Im Einvernehmen mit dem Senat hat die Berichterstatterin darauf hingewiesen, dass die Ausführungen des vorlegenden Senats des Bundesfinanzhofs zur Entscheidungserheblichkeit der vom I. Senat des Bundesfinanzhofs für verfassungswidrig erachteten Vorschriften nicht den Darlegungsanforderungen des Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz, § 80 Abs. 2 Satz 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz genügen dürften. Denn die im Ausgangsverfahren erhobene Klage richte sich gegen einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlage für eine GmbH & Co. KG, in den auch Feststellungen betreffend eine atypisch stille Beteiligung weiterer Personen am Geschäftsbetrieb der Kommanditgesellschaft mit aufgenommen worden seien. Ein solches Vorgehen sei aber jedenfalls nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verfahrensrechtlich nicht zulässig und führe zur Aufhebung des angegriffenen Bescheids. Auf die Anwendung und damit verbunden auf die Verfassungsmäßigkeit des § 50d Abs. 10 EStG komme es folglich im Ausgangsverfahren nicht an.
Der Bundesfinanzhof hat auf diesen Hinweis seinen Aussetzungs- und Vorlagebeschluss aufgehoben. Der Zweite Senat hat infolgedessen das Verfahren der konkreten Normenkontrolle eingestellt.
Bundesverfassungsgericht, 17.07.2025