
Der aktuelle VDI-/IW-Ingenieurmonitor Q4/2024 zeigt: Der wirtschaftliche Abschwung der letzten Jahre hinterlässt Spuren am Arbeitsmarkt. Die Zahl offener Stellen in Ingenieur- und Informatikberufen sank im Vergleich zum Vorjahresquartal um 25,7 Prozent auf 118.250. Dennoch bleibt der Bedarf an qualifizierten Fachkräften hoch und Engpässe bestehen weiter.
Im vierten Quartal 2024 waren rund 50.025 Personen in Ingenieur- oder Informatikberufen auf Jobsuche, was einem Anstieg der Arbeitslosigkeit um 19,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen des VDI-IW-Ingenieurmonitors im Jahr 2011. „Wichtig zur Einordnung solcher Zahlen ist, dass die Beschäftigung im Ingenieurbereich seit 2011 insgesamt deutlich stärker gewachsen ist als die Arbeitslosigkeit. Die aktuelle Konjunkturschwäche darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es aufgrund des demografischen Wandels mit einer größeren Herausforderung zu tun haben“, betont VDI-Direktor Adrian Willig. „Trotz des konjunkturellen Rückgangs liegt die Zahl offener Stellen sogar über dem Vorkrisenniveau von 2019. Der Fachkräftemangel ist keineswegs verschwunden“, ergänzt Ingo Rauhut, Arbeitsmarktexperte des VDI.
Fachkräftemangel: Engpasslage bei Energie, Elektrotechnik, Bau und Maschinenbau
Im vierten Quartal 2024 lag die Engpasskennziffer für Ingenieur- und IT-Berufe insgesamt bei 236 offenen Stellen pro 100 Arbeitslosen, was weiterhin auf einen deutlichen Fachkräfteengpass hinweist – auch wenn der Wert im Vorjahr mit 380 noch höher lag. Diese Engpasskennziffer ergibt sich aus der Anzahl der offenen Stellen im Verhältnis zur Anzahl der Arbeitslosen.
Die größten Engpässe verzeichnet die Energie- und Elektrotechnik (393 offene Stellen je 100 Arbeitslose), gefolgt von den Ingenieurberufen in Bau, Vermessung, Gebäudetechnik und Architektur (346 offene Stellen je 100 Arbeitslose) sowie den Ingenieurberufen in Maschinen- und Fahrzeugtechnik (275 offene Stellen je 100 Arbeitslose).
Ingnenieurbeschäftigung von Frauen ein wichtiger Schlüssel zur Fachkräftesicherung
Besonders vor dem Hintergrund des anstehenden Renteneintritts der Babyboomer-Generation und einer damit verbundenen Fachkräftelücke, sind weibliche Ingenieure ein wichtiger Schlüssel zur Fachkräftesicherung auf dem Ingenieur- und IT-Arbeitsmarkt. Zwischen 2012 und Mitte 2024 ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in den Ingenieurberufen insgesamt um 35,1 Prozent gewachsen. Bei den Informatikberufen betrug das Wachstum sogar 148,3 Prozent. Bemerkenswert dabei ist, dass etwa ein Drittel des Zuwachses im Ingenieurbereich auf Frauen zurückgeht. Ihr Anteil in Ingenieurberufen stieg in diesem Zeitraum von 15,1 auf 20,3 Prozent. „Um diesen positiven Trend weiter zu verstärken, braucht es gezielte Maßnahmen: mehr weibliche MINT-Vorbilder, Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Mentoringprogramme und eine geschlechtergerechte Berufsorientierung an Schulen“, fordert Adrian Willig.
Szenarioanalysen belegen laut dem VDI/IW-Ingenieurmonitor: Würde das Interesse von Mädchen an MINT-Berufen konsequent gefördert, könnte der Frauenanteil bis 2037 deutlich steigen und somit einen entscheidenden Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten. Themen wie Klimaschutz bieten hierbei eine große Anziehungskraft, insbesondere für junge Frauen.
Der VDI engagiert sich bereits heute mit Formaten wie „Ingenieurin der Woche“ und dem Mentoringprogramm VDI-WoMentorING für mehr Sichtbarkeit weiblicher Vorbilder in Technikberufen. „Nun gilt es, diese Initiativen weiter auszubauen. Vor allem im schulischen Umfeld, wo entscheidende Weichen für die Berufswahl gestellt werden“, sagt Ingo Rauhut.
Aus Sicht des VDI ist beim Thema Fachkräftesicherung eine langfristige Strategie essenziell: In der Initiative „Zukunft Deutschland 2050“ befasst sich der Verein mit Expertinnen und Experten u.a. mit den künftigen Qualifikationsanforderungen der IT- und Ingenieurberufe.
VDI, 19.06.2025