Halle, 11.11.2025 (PM) – Wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in einer heute veröffentlichten Analyse feststellt, ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im Oktober erneut höher als im Vormonat. Für das Jahresende erwarten die Ökonomen jedoch einen spürbaren Rückgang.

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im Oktober bei 1 553 (vgl. Abbildung 1). Das sind 5% mehr als im Vormonat, 2% mehr als im Oktober 2024 und 68% mehr als in einem durchschnitt­lichen Oktober der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie. In seiner Aus­wertung der Insolvenz-Frühindikatoren hatte das IWH bereits auf die für Oktober zu erwartenden hohen Werte hingewiesen. Hessen war besonders stark betroffen: Mit 174 Personen- und Kapitalgesellschaften erreichte die Zahl der Insolvenzen den höchs­ten Stand seit Beginn der Erfassung im IWH-Insolvenztrend im Januar 2016. Bereits im September war dort mit 157 Insolvenzen ein sehr hoher Wert gemessen worden.

Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamt­zahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Laut IWH-Insolvenztrend waren im Oktober in den größten 10% der insolventen Unternehmen knapp 13 000 Arbeits­plätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten deutlich nied­riger als im September (-36%) und knapp unter den Werten des Vorjahresmonats, aber 56% über dem Oktober-Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019 (vgl. Abbildung 2).

Die Zahl der betroffenen Industriejobs lag im Oktober mit rund 3 700 erneut auf niedrigem Niveau und kaum höher als unmittelbar vor der Pandemie. Die meisten Jobs waren im Oktober – wie bereits im September – im Handel betroffen (3 900), wo mehrere größere Insolvenzen zu verzeichnen waren. In den Monaten vor Aus­bruch der Corona-Pandemie waren monatlich weniger als 2 000 betroffene Jobs im Handel die Regel.

Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen in der Regel zwei bis drei Monate vorauslaufen. Diese deuten auf eine deutliche Entspannung zum Jahresende hin. „Unsere Frühindikatoren lassen für November und Dezember ein spürbares Absinken der Insolvenzzahlen erwarten“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung. Allerdings sei daraus kein dauerhafter Trend ableitbar. Für Januar erwartet Müller bereits wieder steigende Zahlen.

IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik

Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3).

Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator für das Insolvenz­geschehen und die wirtschaftliche Entwicklung. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundes­weit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesell­schaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz be­troffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verläss­lich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab.

Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem wer­den auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbst­ständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haf­tende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet.

Regelinsolvenzen sind also nicht mit Unternehmensinsolvenzen gleichzusetzen. Die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich aufgrund der Vielzahl gesamtwirtschaftlich un­bedeutender Insolvenzfälle deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesell­schaften unterscheiden.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner