Mit einem soeben ergangenen Beschluss hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen dem Antrag der AfD-Fraktion des Landkreises Gießen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben, mit dem die Überlassung eines der beiden Dorfgemeinschaftshäuser in Launsbach und Krofdorf-Gleiberg (Wettenberg) begehrt wurde. Die Gemeinde Wettenberg ist nunmehr verpflichtet, der Fraktion eines der beiden Bürgerhäuser am 14. Juni 2025 zu überlassen. Das Gericht hat der Gemeinde Wettenberg zudem aufgegeben, eine Entscheidung darüber zu treffen, welches der beiden Bürgerhäuser sie der Fraktion für ihre Veranstaltung am 14. Juni 2025 überlässt und die Fraktion über ihre Entscheidung bis zum 12. Juni 2025 um 11 Uhr zu informieren.

Die Fraktion plant die Durchführung eines „Bürgerdialogs“ am 14. Juni 2025 und fragte mit E-Mail vom 28. April 2025 bei der Gemeinde Wettenberg die Anmietung des Bürgerhauses in Launsbach an. Am 22. Mai 2025 teilte die Gemeinde der Fraktion mit, dass sie ihre gemeindlichen Einrichtungen zurzeit generell ausschließlich an ortsansässige Vereine und Bürgerinnen und Bürger für sportliche und kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung stelle.

Hiergegen suchte die Fraktion um gerichtlichen Rechtsschutz nach. Sie trug vor, dass das Bürgerhaus in Launsbach und das Dorfgemeinschaftshaus in Krofdorf-Gleiberg auch in der Vergangenheit durch nicht im Gebiet der Gemeinde Wettenberg ansässige Vereine angemietet worden seien. Zudem hätten in beiden Bürgerhäusern bereits politische Veranstaltungen stattgefunden, wie beispielsweise das „Heringsessen“, welches von einer politischen Partei mit Sitz in Wettenberg organisiert worden sei.

Demgegenüber führte die Gemeinde Wettenberg aus, dass sie bereits vor mehr als zehn Jahren entschieden habe, generell keine politischen Veranstaltungen mehr in ihren Gemeinschaftshäusern zuzulassen, insbesondere die Gemeinschaftshäuser nicht mehr hierfür zu überlassen. Mit wenigen Ausnahmen sei dies auch stringent eingehalten worden. Der geplante „Bürgerdialog“ würde daher nicht dem Widmungszweck der Dorfgemeinschaftshäuser entsprechen. Zudem habe die Fraktion nicht glaubhaft gemacht, dass sie tatsächlich plane, am 14. Juni 2025 eine öffentliche Veranstaltung in ihren Dorfgemeinschaftshäusern durchzuführen, da sie die Veranstaltung bislang nicht öffentlich angekündigt habe. Im Falle der Überlassung eines Bürgerhauses müsse die Fraktion schließlich eine Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000 Euro zur Verfügung stellen, da die Veranstaltungen der Fraktion erfahrungsgemäß regelmäßig zu Gegendemonstrationen führen würden, in deren Verlauf Sach- und Personenschäden entstehen können.

Dem ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt. Es bestehe ein Anspruch der Fraktion auf Überlassung des Bürgerhauses in Launsbach oder des Dorfgemeinschaftshauses in Krofdorf-Gleiberg am 14. Juni 2025. Ein solcher ergebe sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Zwar komme Kommunen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum hinsichtlich des Widmungszwecks der von ihr unterhaltenen öffentlichen Einrichtungen zu. Stelle die öffentliche Hand ihre Einrichtung im Rahmen der jeweiligen Widmung für die Durchführung von bestimmten Veranstaltungen zur Verfügung, entstehe dadurch jedoch ein Gleichbehandlungsanspruch, der die Entscheidungsfreiheit der öffentlichen Hand begrenze. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass der geplante „Bürgerdialog“ sich im Rahmen des Widmungszwecks der Dorfgemeinschaftshäuser bewege und die erfolgte Verweigerung der Überlassung durch die Gemeinde Wettenberg ohne sachlichen Grund erfolgt sei. Denn die Dorfgemeinschaftshäuser seien nachweislich in der Vergangenheit an ortsauswärtige Vereine vermietet worden. Ferner hätten dort auch politische Veranstaltungen stattgefunden. Bei einer AfD-Fraktion im Kreistag des Landkreises Gießen sei ein hinreichender örtlicher Bezug gegeben.

Dass die Fraktion zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Werbung für den geplanten Bürgerdialog in Wettenberg geschaltet habe, sei aufgrund der bestehenden Unsicherheit auf Seiten der Fraktion, ob der Bürgerdialog in Wettenberg überhaupt stattfinden könne, nachvollziehbar.

Die Gemeinde Wettenberg könne auch nicht die Vorlage einer Sicherheitsleistung beanspruchen, da sie die vermeintlichen Gefahren durch eine Gegendemonstration bloß behauptet habe. Zudem sei die geforderte Sicherheitsleistung unverhältnismäßig hoch.Schließlich habe die Gemeinde Wettenberg auch nicht vorgetragen, dass sie bei ähnlichen Veranstaltungen ebenfalls eine Sicherheitsleistung in dieser Höhe fordert, sodass die Forderung mit dem Gleichbehandlungsgebot nicht zu vereinbaren sei.

Die Entscheidung (Beschluss vom 11. Juni 2025, Az.: 8 L 2820/25.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.

VG Gießen, 11.06.2025

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