
Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat ein Organstreitverfahren der CDU-Landtagsfraktion gegen Ministerpräsidenten Malu Dreyer wegen möglicher Verstöße gegen das Neutralitätsgebot eingestellt, nachdem die Antragstellerin ihren ursprünglichen Antrag für erledigt erklärt hatte. Die CDU hatte kritisiert, dass Äußerungen auf Social-Media-Kanälen des Ministerpräsidenten und der Staatskanzlei parteipolitisch motiviert gewesen seien. Ein erweiterter Antrag wegen eines späteren Vorfalls am 5. Mai 2025 wird nun in einem gesonderten Verfahren weiterverhandelt.
Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat das Organstreitverfahren der CDU-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz, in dem sie eine Verletzung des Neutralitätsgebots durch Äußerungen des Ministerpräsidenten vom 31. Januar 2025 bzw. 3. Februar 2025 auf seinem Instagram-Account und einer Facebook-Seite der Landesregierung sowie im Newsletter der Staatskanzlei geltend gemacht hat, nach Erledigungserklärung der Antragstellerin eingestellt. Soweit die CDU-Fraktion ihren ursprünglichen Antrag erweitert hat und nunmehr die Feststellung beantragt, dass der Ministerpräsident auch dadurch die Verfassung verletzt habe, dass er am 5. Mai 2025 in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung in Berlin ein Pressestatement mit den designierten SPD-Bundesministerinnen abgegeben habe und hierüber auf der Facebook-Seite der Landesregierung und dem Instagram-Account des Ministerpräsidenten berichtet worden sei, hat der Verfassungsgerichtshof das Verfahren abgetrennt und führt dieses gesondert fort.
1. Am 28. Januar 2025 brachte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zwei Entschließungsanträge in den Deutschen Bundestag ein und ließ einen bereits zuvor eingebrachten Entwurf eines Gesetzes auf dessen Tagesordnung setzen. Einer der beiden Entschließungsanträge wurde angenommen, der andere wurde ebenso wie der Gesetzentwurf abgelehnt.
In Zusammenhang mit diesen Vorgängen äußerte sich der Ministerpräsident am 31. Januar 2025 auf seinem Instagram-Account und einer Facebook-Seite der Landesregierung sowie im Rahmen eines von der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz am 3. Februar 2025 versandten Newsletters.
2. Mit ihrer am 11. Februar 2025 erhobenen Organklage begehrte die Antragstellerin die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Veröffentlichung dieser Äußerungen. Einen zugleich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der auf die einstweilige Entfernung der Texte beziehungsweise Postings von den genannten Plattformen gerichtet war, hat sie am 12. Februar 2025 für erledigt erklärt, nachdem das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz am selben Tag mitgeteilt hatte, die streitgegenständlichen Äußerungen seien vollumfänglich aus dem Netz genommen worden.
Am 25. April 2025 hat der Antragsgegner sowohl gegenüber der Antragstellerin als auch gegenüber dem Vorsitzenden der CDU Rheinland-Pfalz sowie im Rahmen einer Pressemitteilung gegenüber der Öffentlichkeit erklärt, der Verfassungsgerichtshof habe mit seinem Urteil vom 2. April 2025 – VGH O 11/24 – die Grenzen des Neutralitätsgebots klarer definiert. Nach Auswertung des Urteils räume er ein, mit den hier verfahrensgegenständlichen Aussagen in seiner amtlichen Funktion als Ministerpräsident das Neutralitätsgebot verletzt zu haben. Entsprechende Äußerungen werde er zukünftig nicht wiederholen.
Mit Schreiben vom 28. April 2025 hat der Verfassungsgerichtshof der Antragstellerin mitgeteilt, dass infolge der Abgabe der Erklärungen vom 25. April 2025 das objektive Klarstellungsinteresse für die Fortführung des Organstreitverfahrens entfallen sein dürfte. Die Antragstellerin wurde gebeten, vor diesem Hintergrund mitzuteilen, ob sie ihren Antrag zurücknimmt beziehungsweise das Verfahren für erledigt erklärt.
Am 26. Mai 2025 hat die Antragstellerin mitgeteilt, ihren Antrag vom 11. Februar 2025 aufrechtzuerhalten. Dieser habe sich nicht erledigt. Der Antragsgegner habe am 5. Mai 2025 und damit nur wenige Tage nach seiner Erklärung vom 25. April 2025 erneut das Neutralitätsgebot verletzt, indem er in amtlicher Eigenschaft mit zwei designierten rheinland-pfälzischen SPD-Bundesministerinnen unter Ausschluss des designierten rheinland-pfälzischen CDU-Bundesministers eine Pressekonferenz in der Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz in Berlin durchgeführt habe. Deshalb sei anzunehmen, dass er die entsprechenden Maßstäbe noch nicht hinreichend verinnerlicht habe und ohne eine klare verfassungsgerichtliche Feststellung auch nicht verinnerlichen werde. Seine Zusicherung, er werde entsprechende Äußerungen zukünftig nicht wiederholen, sei angesichts des erneuten Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot nicht glaubhaft.
Ihren Antrag vom 11. Februar 2025 hat die Antragstellerin zugleich erweitert. Sie begehrt nunmehr die weitere Feststellung, der Antragsgegner habe auch dadurch die Verfassung verletzt, dass er am 5. Mai 2025 um 14:00 Uhr in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung in Berlin ein Pressestatement mit der designierten Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Dr. Stefanie Hubig, und der designierten Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Verena Hubertz, abgegeben habe – hilfsweise, dass er es unterlassen habe, den designierten Bundesminister für Verkehr, Patrick Schnieder, einzuladen und zu beteiligen – und hierüber auf der Facebook-Seite „Rheinland-Pfalz“ und dem Instagram-Profil „ministerpraesident.rlp“ berichtet worden sei.
Mit Schreiben vom 28. Mai 2025 hat der Verfassungsgerichtshof den Beteiligten mitgeteilt, dass es sachdienlich erscheine, den neu eingeführten Streitgegenstand betreffend die Vorgänge am 5. Mai 2025 in der Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz in Berlin abzutrennen, weil das Verfahren im Übrigen entscheidungsreif sei.
Hierauf hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10. Juni 2025 ihren Antrag vom 11. Februar 2025 für erledigt erklärt.
Daraufhin hat der Verfassungsgerichtshof beschlossen, hinsichtlich des im Schriftsatz vom 26. Mai 2025 gestellten Antrags das Verfahren abzutrennen und im Übrigen das Verfahren einzustellen, nachdem es insoweit von der Antragstellerin für erledigt erklärt worden ist.
Beschluss vom 23. Juni 2025, Aktenzeichen: VGH O 5/25
VerfGH Rheinland-Pfalz, 25.06.2025