
Die Stadt Essen darf die im Oktober 2024 für die Rüttenscheider Straße in Essen angeordneten Verkehrsregelungen vorerst wieder in Vollzug setzen. Das hat das Oberverwaltungsgericht heute entschieden. Die Beschwerde der Stadt Essen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 21.01.2025 hatte damit Erfolg.
Die Rüttenscheider Straße ist seit dem Jahr 2020 eine Fahrradstraße. Die Benutzung mit Kraftfahrzeugen ist aber zugelassen. Unter anderem unter Hinweis auf festgestellte Unfallzahlen ordnete die Stadt Essen im Oktober 2024 Abbiegegebote und Durchfahrtverbote für Kraftfahrzeuge an, um den Kfz-Verkehr zu reduzieren.
Hiernach durften Kraftfahrzeuge unter anderem die Kreuzung Rüttenscheider Straße/Klarastraße/Zweigertstraße in südliche Richtung nicht mehr überqueren, sondern mussten nach rechts oder links abbiegen. Nur Radfahrer und Linienbusse durften noch geradeaus fahren. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte die Verkehrsregelung als offensichtlich rechtswidrig bewertet und deshalb dem Antrag einer Ladeninhaberin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattgegeben; zugleich hatte es der Stadt Essen aufgegeben, die Verkehrsschilder bis zur Entscheidung im Klageverfahren zu entfernen oder unkenntlich zu machen, was die Stadt unmittelbar nach Ergehen des Beschlusses veranlasste. Die dagegen erhobene Beschwerde der Stadt Essen hatte jetzt vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt: Ob die angegriffenen verkehrsrechtlichen Maßnahmen rechtmäßig oder rechtswidrig sind, ist derzeit offen. Aus den von der Stadt Essen im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten Dokumenten ergeben sich allerdings Anhaltspunkte dafür, dass eine Gefahrenlage, die die Anordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen rechtfertigen kann, vorliegt. Dafür sprechen das für eine Fahrradstraße hohe Verkehrsaufkommen mit Kraftfahrzeugen und zwei von der örtlichen Unfallkommission festgestellte Unfallhäufungsstellen. Die erstmals in einem nachträglich erstellten Vermerk dokumentierte Begründung der verkehrsrechtlichen Anordnung ist nicht offensichtlich ermessensfehlerhaft; etwaige Fehler könnten ggf. noch im gerichtlichen Verfahren korrigiert werden. Die bei offenen Erfolgsaussichten erforderliche offene Interessenabwägung fällt zuungunsten der Antragstellerin aus. Bei Klagen gegen Verkehrszeichen geht das Gesetz grundsätzlich von einem überwiegenden Vollziehungsinteresse aus. Diese dienen der Verkehrssicherheit und damit dem Schutz von Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer. Der zusätzliche Zeitaufwand der Antragstellerin durch notwendige Umwege ist demgegenüber geringer zu gewichten.
Die Entscheidung, ob die Stadt Essen von der hiermit eröffneten Möglichkeit, die seit Januar 2025 abmontierten Verkehrszeichen wieder aufzuhängen, Gebrauch macht oder das Verkehrskonzept zuvor einer nochmaligen inhaltlichen Überprüfung unterzieht, fällt in den weiten Entscheidungsspielraum der Verwaltung.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Aktenzeichen: 8 B 97/25 (I. Instanz: VG Gelsenkirchen 14 L 2046/24)
OVG NRW, 24.06.2025