Vereinbarungen zur Abwendung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts in sozialen Erhaltungsgebieten „Boxhagener Platz“, „Falkplatz“, „Luisenstadt“ und „Graefestraße“ bleiben wirksam. Das hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in fünf Berufungsverfahren entschieden.

Die Klägerinnen sind Immobiliengesellschaften, die in sozialen Erhaltungsgebieten liegende bebaute Grundstücke in Berlin erwarben. Um die vom Land Berlin angekündigte Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts abzuwenden, unterzeichneten sie entsprechende Abwendungsvereinbarungen, in denen sie sich unter anderem dazu verpflichteten, auf die Begründung von Wohn- oder Teileigentum zu verzichten. Mit Urteil vom 9. November 2021 – 4 C 1.20 – hat das Bundesverwaltungsgericht bis dahin höchstrichterlich offene Fragen zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts im Geltungsbereich von sozialen Erhaltungssatzungen geklärt. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ein gemeindlichesVorkaufsrecht zugunsten des Landes Berlin in den fraglichen Fällen nicht gegeben war. Vor diesem Hintergrund hielten die Klägerinnen die seinerzeit geschlossenen Abwendungsvereinbarungen für nichtig bzw. kündbar. Dem ist das Verwaltungsgericht Berlin in erster Instanz nicht gefolgt. 

Der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat die erstinstanzlichen Urteile bestätigt und die dagegen eingelegten Berufungen zurückgewiesen. Bei den Abwendungsvereinbarungen handelt es sich um öffentlich-rechtliche Verträge, die sämtliche Voraussetzungen eines Vergleichsvertrages im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes erfüllen. Damit scheidet eine Nichtigkeit der Verträge aus. Der Ansicht der Klägerinnen, es handele sich um Austauschverträge, die eine unzulässige Gegenleistung beinhalteten, ist der Senat nicht gefolgt.

Auch für eine Kündigung der Verträge hat der 10. Senat keine Grundlage gesehen. Die Abwendungsvereinbarungen dienen der vergleichsweisen Beseitigung einer bestehenden Ungewissheit über die Rechtslage. Zum Zeitpunkt der Vertragsschlüsse wurde die Befugnis zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts in sozialen Erhaltungs­gebieten in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Dies war den Vertragsparteien unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände im Ergebnis bekannt. Zur Erlangung eines rechtssicheren Vorkaufsrechtsverzichts haben die Klägerinnen grundstücksbezogene Einschränkungen akzeptiert. Mit der höchstrichterlichen Klärung der ungewissen Rechtslage hatte sich damit ein von den Klägerinnen vertraglich bewusst eingegangenes Risiko realisiert. Die für beide Seiten erwartbare Klärung der Rechtslage berechtigt die Klägerinnen dementsprechend auch nicht zur Kündigung der Abwendungsvereinbarungen.

Eine Revision wurde nicht zugelassen. Es besteht die Möglichkeit, Beschwerde gegen diese Nichtzulassung einzulegen, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Urteile vom 24. Juni 2025 – OVG 10 B 6/25, OVG 10 B 8/25, OVG 10 B 9/25, OVG 10 B 10/25, OVG 10 B 11/25 –

OVG Berlin-Brandenburg, 25.06.2025

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