
Der 4. Zivilsenat hat im einstweiligen Verfügungsverfahren (Eilrechtsschutz) auf die Berufung eines Gaming-Stuhl-Herstellers einem Online-Testportal zahlreiche Äußerungen untersagt, die das Portal im einem Testbericht über einen seiner Gaming-Stühle veröffentlicht hat. Nach der Entscheidung des Senats handelt es sich nicht um einen neutralen Testbericht, sondern um unlautere Werbung für einen Konkurrenten, an dessen Absatz das Testportal beteiligt wird.
Sachverhalt und Entscheidung des Landgerichts
Die Beklagten betreiben Online-Portale, auf dem Testberichte zu verschiedenen Produkten veröffentlicht werden, darunter auch zu Gaming-Stühlen. Die Klägerin wendet sich im einstweiligen Verfügungsverfahren gegen einen negativen Testbericht über einen von ihr hergestellten Gaming-Stuhl. In demselben Testbericht wird ein Konkurrenzprodukt positiv erwähnt, mit dessen Hersteller das Testportal eine Affiliate-Vereinbarung getroffen hat. Über einen Affiliate-Link gelangt man zu dem Webshop des Konkurrenten der Klägerin, wo man den Stuhl erwerben kann. Bei der Nutzung des Links und einem daraus resultierenden Verkauf erhalten die Beklagten eine Bezahlung.
Die Klägerin moniert eine Vielzahl von kritischen Äußerungen, unter anderem:
„5 Jahre Pseudo-Garantie: Auf den A. bekommst du 5 Jahre „Garantie“, die gemäß Garantieausschlüssen wohl nur auf’s Fußkreuz und den Rahmen gilt. Eine echte Nicht-Garantie.“
„Aber! Jetzt hat R. A. Insolvenz angemeldet. Ja, nicht R. G., aber ich denk mir, es hängt eh alles miteinander zusammen. Also ob ihr jetzt in den nächsten 5 Jahren noch Garantieansprüche stellen könnt, ist fraglich. Mal schauen wie es sich noch mit R. in der nächsten Zeit entwickeln wird.“
„Den Vogel schießt R. ab, indem sie den R. A. als ihre eigene Entwicklung verkaufen, in die ach so viel R.-DNA & Expertise eingeflossen ist. Dabei stammt das Kind von anderen Eltern ab: Denn den A. gab’s schon unter dem Namen Ad., nur kam der Stuhl wegen Geschäftsaufgabe nie auf den Markt. Entwickelt hat R. da also nicht viel. Das ist schlicht unehrlich.“
„R. wirbt mit hinzugedichteten Funktionen & Marketinggeschwafel.“
„Bitterer Beigeschmack ist das Marketing von R.. (…) Da wurden wirklich Sachen dazu gedichtet. Es wirkt schon so wie, wir erzählen irgendeinen vom Pferd, Hauptsache die kaufen unsern Stuhl. Für mich hat das so ein bisschen „Verarschen-Vibes“, so als ob die ihre Kunden wirklich verarschen wollten, Hauptsache sie kaufen den Stuhl irgendwie.“
Das Landgericht Stuttgart hat auf das Verhältnis zwischen den Parteien das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) angewendet und durch Erlass einer einstweiligen Verfügung einen Teil der beanstandeten Äußerungen wegen irreführender Werbung verboten. Gegen diese Entscheidung haben beide Seiten Berufung eingelegt. Während die Klägerin auch die restlichen von ihr beanstandeten Äußerungen verboten haben möchte, nehmen die Beklagten für sich in Anspruch, journalistisch und völlig unabhängig zu arbeiten und halten die Äußerungen von der verfassungsrechtlich geschützten Pressefreiheit gedeckt.
Entscheidung des 4. Zivilsenats
Der 4. Zivilsenat hat das landgerichtliche Urteil bestätigt, soweit dieses mehrere Äußerungen untersagt hatte. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht sämtliche weiteren von der Klägerin beanstandeten Äußerungen des Testportals über den Gaming-Stuhl der Klägerin untersagt. Die Berufung des Testportals wurde zurückgewiesen.
Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart handelt es sich bei dem Testbericht um keine grundrechtlich geschützte journalistische Tätigkeit, sondern um eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens.
Im Schwerpunkt fördert das Testportal mit seinem Internetauftritt den Warenabsatz von Gaming-Stühlen. Das Testportal ist gerade nicht neutral und wirtschaftlich unabhängig von den Herstellern, sondern finanzieren seine Tätigkeit mit Affiliate-Links.
Affiliate-Links unterscheiden sich von klassischer Internet-Werbung wie etwa der Bannerwerbung. Mit dem vorliegenden Affiliate-Link besteht eine engere Verbindung zu dem Produkt, da redaktioneller Teil und Werbeanteil gerade nicht optisch und sprachlich voneinander getrennt und unabhängig, sondern untrennbar miteinander verwoben sind. Der Werbekunde bezahlt nicht – wie bei einer Anzeige – für die Platzierung der Werbung unabhängig vom Werbeerfolg, sondern das Vergleichsportal erzielt nur dann einen Verdienst, wenn Kunden über den Affiliate-Link auf den Webshop des Werbetreibenden weiterklicken und dort das auf der Webseite des Vergleichsportals vorgestellte Produkt erwerben. Hieraus resultiert eine stärkere Veranlassung, das dargestellte Produkt positiv zu bewerten, da nur bei einem Besuch der Webseite des Anbieters und einem Produkterwerb mit dem Affiliate-Link etwas verdient werden kann. Dabei führt naturgemäß eine schlechtere Bewertung des einen Produkts zum „größeren Glanz“ des besser bewerteten Produkts. Da vorliegend im Ergebnis das Konkurrenzprodukt zum Kauf empfohlen wird, handelt es sich um eine vergleichende Werbung, auf welche die Regeln des UWG anwendbar sind.
Zwar kann eine vergleichende Werbung grundsätzlich zulässig sein. Vorliegend ist die Werbung aber unlauter und damit unzulässig. Mit den im Testbericht enthaltenen Äußerungen wird der Gaming-Stuhl der Klägerin bei Gesamtwürdigung der Umstände in unzulässiger Weise herabgesetzt. Das Vergleichsportal stellt sich zwar als Experte und objektiver Tester für Gaming-Stühle dar. Tatsächlich geht es ihm aber darum, durch die negative Bewertung des Produkts der Klägerin den Absatz eines Konkurrenten zu fördern. Obwohl die Kritikpunkte zu dem Gaming-Stuhl der Klägerin in der Sache für potentielle Käufer eher von untergeordneter Bedeutung sind, zeichnet sich die Berichterstattung unter anderem durch die Verwendung einer beeindruckenden Vielzahl von Synonymen für das Wort „lügen“ aus, dies insbesondere an herausgehobenen Stellen, wie in der Überschrift, zu Beginn des Inhaltsverzeichnisses und im Fazit. Letzteres mündet dazuhin in der Empfehlung, eher zum verlinkten Konkurrenzprodukt zu greifen. Gleichzeitig stellt der Testbericht mögliche finanzielle Probleme der Klägerin in den Raum, für die es keinerlei Anhaltspunkte gibt.
Mithin ist der Bericht weit entfernt von einer neutralen Information, die der Verbraucher erwartet. Wege der überzogenen und sachlich nicht mehr gerechtfertigten Kritik hat der 4. Zivilsenat auf die Berufung der Klägerin die einstweilige Verfügung daher hinsichtlich sämtlicher beanstandeten Äußerungen erlassen.
Ein weiteres Rechtsmittel gegen das im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangene Urteil vom 11. Juni 2025 ist nicht eröffnet. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
OLG Stuttgart, 13.06.2025