
Das Amtsgericht Hagen hat entschieden, dass das Überfahren eines toten Körpers im Straßenverkehr keinen „Unfall“ im Sinne des § 142 Strafgesetzbuch (StGB) darstellt. Damit wies das Gericht einen Antrag der Staatsanwaltschaft auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis einer Autofahrerin zurück, die am 19. April 2025 in Iserlohn mit ihrem Wagen über den Leichnam einer verstorbenen Seniorin gefahren sein soll.
Nach bisherigem Stand der Ermittlungen befuhr die Beschuldigte gegen 12:40 Uhr den Pastorenweg in Iserlohn. Dabei soll sie den bereits verstorbenen Körper einer Seniorin überrollt und sich anschließend vom Ort des Geschehens entfernt haben, ohne ihre Personalien zu hinterlassen. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort ein und beantragte die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis.
Das Amtsgericht Hagen lehnte diesen Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, dass das Überfahren eines Leichnams zwar mit typischen Gefahren des Straßenverkehrs zusammenhängen könne, jedoch kein „Unfall“ im strafrechtlichen Sinne sei. Es fehle bereits an einem relevanten Schadenseintritt, denn ein toter Körper stelle im juristischen Sinne kein schützenswertes Vermögen dar. Auch das Pietätsempfinden der Angehörigen begründe keinen ersatzfähigen Schaden im Sinne des § 142 StGB.
Selbst unter der hypothetischen Annahme eines Schadens lasse sich weder ein bedeutender Sachschaden beziffern noch feststellen, ob eine für die Entziehung der Fahrerlaubnis notwendige Wertgrenze von 1.500 Euro überschritten worden sei. Eine abstrakte Annahme bedeutenden Schadens sei bei einem Leichnam nicht zulässig, so das Gericht.
Mit dem Beschluss wird deutlich: Das Strafrecht schützt Leichen nicht im Rahmen des § 142 StGB – eine juristisch und ethisch komplexe, aber für das Verfahren entscheidende Feststellung.
Zuerst hatte der juristische Blog Burhoff Online über den Beschluss berichtet. Der von dem früheren Richter am Oberlandesgericht Hamm, Detlef Burhoff, betriebene Fachblog ist auf Straf- und Verkehrsrecht spezialisiert.