Bürgerinnen und Bürger können nicht unmittelbar gegen Bundesgesetze klagen. Dies entschied das Sozialgericht Karlsruhe im Fall einer Rentnerin, die eine Änderung des Steuerentlastungsgesetzes 2022 erstreiten wollte. 

Mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 hatte der Gesetzgeber das Einkommensteuergesetz geändert und eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 € eingeführt. Anspruchsberechtigt waren allerdings nur Steuerpflichtige. Dies verstoße gegen das Grundgesetz, befand die Klägerin, die seit 2019 eine Erwerbsminderungsrente bezieht. Für diese Ungleichbehandlung fehle ein sachlicher Grund. Nicht steuerpflichtige Rentnerinnen und Rentner, Studierende und pflegende Angehörige erhielten das Energiegeld nicht. Gerade diese Bürgerinnen und Bürger litten aber überdurchschnittlich unter den enorm gestiegenen Energiekosten und der allgemein hohen Inflation, da ihre Bezüge mehrheitlich deutlich unter den Bezügen der arbeitenden, steuerpflichtigen Bevölkerung lägen. Mit ihrer Klage wollte die Rentnerin eine Verurteilung des Gesetzgebers zur Änderung des Steuerentlastungsgesetzes 2022 erreichen.

Eine solche Klage ist nicht zulässig, entschied nun das Sozialgericht Karlsruhe mit Gerichtsbescheid vom 30.05.2023 (S 4 SV 1599/22) und wies die Klage ab. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit seien – wie die Gerichte anderer Gerichtsbarkeiten auch – schon aus Gründen der Gewaltenteilung nicht befugt, abstrakt über die Zweck- oder Verfassungsmäßigkeit formeller Bundesgesetze zu entscheiden. Die abstrakte Überprüfung formeller Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit sei – unter engen Voraussetzungen – ausschließlich dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten.

Die Sozialgerichte entschieden in Streitigkeiten über sozialrechtliche Ansprüche zwischen Versicherten oder Leistungsempfängern einerseits und Sozialversicherungs- oder Sozialleistungsträgern andererseits. Beklagter eines sozialgerichtlichen Verfahrens sei deshalb regelmäßig ein öffentlich-rechtlicher Träger, dessen Entscheidung angegriffen bzw. dessen Verurteilung zur Bewilligung einer bestimmten Leistung begehrt wird.

Wolle die Klägerin die Gewährung einer höheren Rente erstreiten, müsse sie sich zunächst an den für die Gewährung und Berechnung ihrer Rente zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wenden. Erst wenn dieser eine anfechtbare Entscheidung getroffen und anschließend ein Widerspruchsverfahren durchgeführt habe, stehe der Klägerin der Klageweg offen.

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